Donnerstag, 6. August 2009

Frisch operiert

Gestern bin ich also doch operiert worden.
Es war ja erst noch nicht sicher, ob der andere Patient ausfällt. Ganz ehrlich – eigentlich hatte ich fast gehofft, dass ich erst am Freitag dran komme. Aber was hätte es genutzt. Irgendwann wäre ich eh dran gekommen, und je eher das Zeug entfernt wird, desto besser.

Gegen 9 Uhr hieß es: „Ab in den OP“.
Christine begleitete mich bis vor die OP-Schleuse.

Da ich früher selbst im OP gearbeitet habe, fühle ich mich hinter der Schleuse immer im Kreis von Kollegen. Das baut Stress ab. Es wird etwas gefachsimpelt und Erfahrungen ausgetauscht.

In der Einleitung ging dieses mal alles sehr schnell. Normalerweise bekomme ich mit, wenn ich langsam einschlafe. Aber plötzlich muss ich weg gewesen sein. Die Narkose war super. Diesmal habe ich absolut nichts davon mitbekommen. Ich wachte völlig unverkatert ohne Blasenkatheter und ohne ZVK auf. Prima! Zwei Schläuche, die schon mal nicht gezogen werden müssen. Auch keine Redon-Drainage in der Wunde. Mein Arm, von dem ja ein großer Hautlappen entnommen werden sollte – völlig unberührt. Hmmm. Aber operiert haben die schon, oder?

Ja, sie haben, erklärte mir am Nachmittag der Professor. Die Augenhöhle wurde makroskopisch komplett vom Tumorgewebe befreit. Um die Wunde zu schließen wurde mir nur etwas Muskelfaszie aus dem linken Oberschenkel und ein kleines Stück Haut am Hals entnommen.
Alle sind mit dem Verlauf der Operation zufrieden. Jetzt muss nur noch der Hautlappen angenommen werden. Am Samstag will der Professor den Verbandswechsel selbst durchführen.
Schmerzen habe ich keine. Da wäre der normale Wundschmerz. Aber der wird erst mal mit Novalgin und Tramal ausgeschaltet.

Jetzt bin ich erst mal gespannt, was der Verbandwechsel zu Tage fördert. Aber da ich mich bisher nicht über meine Wundheilung beklagen konnte, sehe ich der Sache etwas gelassener entgegen.
Ich glaube sogar, dass ich meine Augenbraue behalten habe. Das Augenlid ist allerdings weg. Sähe ohne Auge aber auch etwas merkwürdig aus. Ich denke mal, dass ich jetzt dort wo das Auge war eine leere Vertiefung habe. An eine Epithese ist aber erst mal nicht zu denken. Als Erstes muss die Wunde heilen. Dann kommt die Bestrahlung. Mit der Epithese fängt man wohl frühestens nach einem halben Jahr an. Bis dahin werde ich eher eine Augenklappe tragen. Sieht sicher verwegen aus. ;-)
Ich versuche halt das Beste daraus zu machen.

Mittwoch, 5. August 2009

Nichts genaues weiß man nicht

Tja, da bin ich wieder. Noch nicht operiert.

Am Dienstag wurde ich doch stationär aufgenommen, um am Mittwoch (also heute) operiert zu werden.

Mittags kam ein Anästhesist der mich erst mal fragte, ob ich schon mal einen Fragebogen zur Narkose ausgefüllt hätte.

Wahrheitsgemäß antwortete ich, daß ja, weil das nicht meine erste Narkose wäre. Wenn er aber die Narkose von morgen meint, hätte ich dafür noch keinen Fragebogen ausgefüllt.
Kurz darauf brachte er mir einen und verschwand.

Etwas später kam eine Anästhesistin und ging mit mir den Bogen durch. Dabei viel ihr auf, dass die wichtigste Seite, nämlich die für meine Unterschrift nicht enthalten war. Die wurde schleunigst dazu geholt.
Beim Gespräch erzählte ich ihr von den Lungenembolien, den Tumoren in der Lunge und am Herzen. Sie entschloss sich daraufhin heute ein Ultraschall vom Herzen und einen Lungenfunktionstest machen zu lassen.
Also nix OP. Sicherheit geht vor. Das finde ich gut und lasse mich deshalb auch lieber einen Tag später operieren.


Am Nachmittag war Chefarzt-Visite.

Professor K. meinte, dass er nach Rücksprache mit Frau Professor M. aus der Neurochirurgie wahrscheinlich die Wunde auch ohne den Hautlappen vom Unterarm decken kann. Das würde für mich die Zeit nach der OP angenehmer machen.
Das finde ich auch. Hauptsache sie lassen deshalb nicht Tumorgewebe drinnen.

Heute hatte ich dann die angekündigten Untersuchungen.
Es war nichts Auffälliges zu sehen. Mein Herz pumpt brav vor sich hin und die Assistentin, die den Lungenfunktionstest durchgeführt hat meinte, dass sie so ein Ergebnis auch gerne hätte. Aha!?!

Zwischendurch kamen noch eine Anästhesistin vorbei. Die holte sich noch eine Unterschrift ab. Die hatten wir gestern dann doch noch vergessen. ;-)
Sie ist übrigens der Meinung, dass ich morgen operiert werde.
Genauso, wie der Stationsarzt.
Und beide sind der Auffassung, dass es doch eine große OP wird. Also mit Hautlappentransplantation.
Die Schwester war da anderer Meinung. Bei ihrem Durchgang durch die Zimmer meinte sie, dass ich in ihren Akten erst für Freitag zur OP vorgemerkt bin.
Fünf Minuten später kam eine Ärztin vorbei, die mir Blut entnahm um eventuelle Blutkonserven ordern zu können. Die meinte, dass ich wirklich für Freitag geplant gewesen sei, es aber durchaus sein könnte, dass ich morgen für jemand anderes aufrücken könnte. Das entscheidet sich aber erst morgen. Gegen 8 Uhr würde ich dann Bescheid bekommen. Aber nüchtern bleiben soll ich auf alle Fälle schon mal.

Das Ganze trägt eigentlich nicht sehr zur Beruhigung bei. Besonders, weil gerne mal betont wird, dass es eine aufwendige und langwierige OP wird. Außerdem wäre die so selten, dass noch niemand so was gesehen hat. Mit Ausnahme des Professors, der mich operieren wird, hoffe ich.
Es bleibt also spannend.

Montag, 3. August 2009

Übermorgen wird operiert

Am 29.07. verbrachten wir den ganzen Tag an der Uniklinik in W..
Am Tag zuvor bekamen wir die Mitteilung, dass ich mich doch schon in der HNO-Poliklinik vorstellen soll.
Um 9 Uhr trafen wir dort ein. Die meiste Zeit verbrachten wir natürlich mit Warten. Aber damit hatten wir eh schon gerechnet. Als dann der Arzt in der Ambulanz meinte, dass sich ein Professor der HNO mit einem Professor der Neurochirurgie meine Befunde gemeinsam anschauen wollten, schwand bei mir jede Hoffnung auf eine baldige Heimfahrt.
Im laufenden OP-Programm zwei Ärzte an einen Tisch zu bekommen ist fast schon ein Ding der Unmöglichkeit. Das aber bei zwei Professoren aus unterschiedlichen Fachbereichen hin zu bekommen, sprengt selbst mein optimistisches Vorstellungsvermögen.


Es kam so, wie wir erwarteten.


Um uns herum leerte sich der Wartesaal vor der Ambulanz.
Der dortige Fernseher, der uns schon den ganzen Tag mit einer Soap nach der anderen quälte, wurde abgeschaltet und die Türen der Anmeldung wurden wie von Geisterhand von innen geräuschvoll verriegelt.

Irgendwann holte uns ein Arzt dann persönlich aus dem Warteraum ab und brachte uns zu Herrn Professor K. aus der HNO.

In einem ausführlichem Gespräch wurde mir der geplante Eingriff erklärt. Einen speziellen Aufklärungsbogen für die OP fand man jedoch nicht.

Das Auge wird also entfernt. Dabei möchte man natürlich auch alles an Tumorgewebe erwischen. Der gesamte Bereich um das rechte Auge wird weg genommen. So wie es klang, wird alles an Gewebe von der Augenbraue bis weit in die knöcherne Augenhöhle verschwinden. Dabei wird ein recht großes Loch entstehen, das irgendwie gefüllt werden muss. Dafür wird man mir aus der Innenseite des linken Unterarms einen ca. 5 x 15 cm großen Hautlappen entnehmen. Um dann wiederum das Loch im Unterarm zu decken, entnimmt man etwas Haut vom Oberschenkel.
Ich „freue“ mich jetzt schon wieder aus der Narkose zu erwachen.

Danach heißt es Daumen drücken.

Bisher habe ich erst eine Portion Yondelis bekommen. Eigentlich sollte ich wieder welches am 7.08. erhalten. Durch die Operation verschiebt sich das leider nach hinten.
Noch hat das Yondelis aber nicht seine ganze Wirkung entfaltet. Das heißt, die Tumore wachsen noch immer. Und da liegt das Problem. Ich habe ja mitbekommen, wie das rasante Wachstum der Dinger eine Baustelle nach der anderen entstehen lässt. Was vorher als wichtig erschien, wurde durch einen Tumor an anderer Stelle plötzlich zweitrangig.
Die Tumore in der Lunge sind da nur ein Risikofaktor von mehreren. So drückt ein etwa Kindskopf großer Tumor auf Niere, Leber und Galle. Wenn es da zu einem Verschluss kommt, ist wieder Eile geboten.

Zusätzlich hat sich mindestens eine Metastase direkt am Herzen angesiedelt. Wenn es da zu Engpässen kommt, habe ich ein ernsthaftes Problem.

Christine und ich wissen die letzten Wochen nicht immer wo uns der Kopf steht. Wir hangeln uns von einer Hoffnung zur nächsten. Parolen wie „Wir lassen uns nicht unter kriegen“, „Zusammen schaffen wir das“ sind an der Tagesordnung. Genauso beschäftigen wir uns natürlich auch mit dem Gedanken, was sein würde, wenn ich den Kampf verliere. Diese Horrorvision ist leider nur schwer zu verdrängen.

Trotzdem versuchen wir unseren Alltag so normal wie möglich zu gestalten. Wir genießen die schönen Momente so intensiv wie möglich.
Als gutes Zeichen sehe ich meinen noch immer vorhanden Appetit. So haben wir erst gestern mit Freunden zusammen eine große Pfanne Garnelen über Holzkohle gebraten. Schön in Olivenöl mit Chili, Knoblauch, Kräutern, Zitrone und Weißwein.
Als zweiten Gang gab es fangfrische Doraden mit Kräuterfüllung vom Grill. Mir läuft jetzt noch das Wasser im Mund zusammen.


Die nächsten Tage werde ich erst mal nur Krankenhausessen bekommen. Wobei das Essen der Uniklinik W. sich wirklich nicht verstecken muss. Ich glaube das ist das leckerste Essen, das ich bisher im Krankenhaus vorgesetzt bekam.


Morgen um 9 Uhr ist es dann so weit. Ich werde stationär aufgenommen und am 5.08. findet dann die Operation statt.

Es kann also sein, dass ich nicht gleich wieder was in den Blog schreibe.
Also dann, bis hoffentlich bald.