Samstag, 5. Dezember 2009

Ein Zwischenbericht

Meine Güte, inzwischen ist Dezember. Wir marschieren gnadenlos auf Weihnachten zu.
Damit nicht der Eindruck entsteht, bei mir passiere nichts mehr, will ich einen Zwischenstand verkünden.

Ich bekomme zur Zeit weiterhin alle drei Wochen meine Infusion Docetaxel.
Die Nebenwirkungen kann ich inzwischen ganz gut abschätzen. Sie sind sind auch nicht mehr so ausgeprägt, wie am Anfang, bzw. halten auch nicht mehr so lange an.
Auf der einen Seite finde ich das natürlich gut, auf der anderen Seite lässt das aber den Gedanken aufkommen, dass ich mich langsam an das Zeug gewöhne. Was vielleicht mit einem Nachlassen der Wirkung einhergehen könnte. Bisher hat sich mein Körper immer sehr schnell auf Widrigkeiten eingestellt. Wenn ich überlege, was der in den letzten fünf Jahren alles weg gesteckt hat.

Eine Wirkung des Docetaxel ist nicht abzustreiten. Ich kann wieder problemlos atmen. Kein Vergleich zu dem Zustand, der mich im August notfallmäßig ins Klinikum verschlug. Etwa fünf Tage nach der Chemogabe stellt sich etwas Atemnot ein. Aber das liegt wohl an den angeknacksten Blutwerten und reguliert sich schnell wieder.
Das befürchtete Verfärben oder gar Ausfallen der Finger- und Zehennägel ist netter weise ausgeblieben. Dafür fallen mir die Barthaare aus. Warum ausgerechnet die Barthaare? Hätten es nicht die anderen sein können? Auf die könnte ich leichter verzichten. Ohne die leichte Matte im Gesicht fühle ich mich irgendwie nackig.
Taten mir am Anfang der Therapie noch alle Gelenke weh, so sind es diese Tage überwiegend die Knie. Wobei von Schmerzen zu sprechen eigentlich schon übertrieben ist. Es fühlt sich eher so an, als hätte ich einen langen Gewaltmarsch hinter mir und den Knien zu viel zugemutet. Dazu kommt eine innere Unruhe. Ich habe den Drang meine Beine unbedingt bewegen zu müssen, überhaupt irgendwas tun zu müssen.
Deshalb sitze ich wahrscheinlich auch jetzt am PC. Es ist kurz vor 4 Uhr morgens und ich bin fast hell wach.

Die Nebenwirkung Übelkeit ist eigentlich nicht vorhanden. Ok, ich nehme in den zwei Tagen um die Chemogabe prophylaktisch entsprechende Medikamente. Aber ich glaube auch ohne würde die Übelkeit nicht so ausgeprägt sein, wie beim Yondelis.
Dafür zieht sich ab dem zweiten Tag massiv die Schleimhaut im Mund- und Rachenbereich zurück. Und mit ihr der Geschmack. Das ist total blöd. Denn Hunger und Appetit sind nach wie vor gut.
Ausgerechnet dann habe ich Appetit auf die leckersten Sachen. Ich sehne mich nach einem Geschmackserlebnis. Ich weiche dann auf Sachen auf, die mehr Flüssigkeit bzw. Soße dabei haben. Denn die scheinen noch irgendwelche versteckten Geschmacksnerven zu erreichen.
Der absolute Renner ist zur Zeit meine selbst gemachte Hühnersuppe. Da kommt ein richtiges Hähnchen rein. Kein vertrocknetes Suppenhuhn. Dann zum Köcheln viel Suppengemüse, Ingwer, Knoblauch, Zwiebeln, Lorbeer, Nelken und Chili. Nach dem Abgießen wird noch mit Salz, Pfeffer, Curry und Curcuma gewürzt. Serviert wird sie mit Frühlingszwiebeln, eingekläppertem Ei und ein paar Eierflädle.
Die Suppe kommt aber nicht nur bei mir gut an. Deshalb greife ich inzwischen schon zu größeren Töpfen.

Sehr gut vertrage ich auch Spaghetti Aglio e Olio. Die habe ich schnell gemacht, und das Olivenöl legt sich wohltuend über den trockenen Mund und Rachen.

Ein saftiges Steak wäre aber völlige Verschwendung. Da schmecke ich gar nichts von. Meine Güte, es ist 4 Uhr und ich träume von einem saftigen Steak. So weit ist es schon.

Themenwechsel.

Am 6.11.09 hatte ich ein MRT vom Kopf. Der Radiologe konnte nichts entdecken, was er eindeutig als Tumor bezeichnen würde. Das Gehirn ist auf jeden Fall frei. In der Augenhöhle ist nichts zu entdecken. Nur am unteren Rand der rechten Stirnhöhle ist eine kontrastreichere Stelle. Das muss aber kein Tumorgewebe sein, wird aber natürlich weiterhin beobachtet.
Ich denke mal, dass sie Bestrahlung ihren guten Teil dazu beigetragen hat. Wäre schön, wenn da oben mal Ruhe einkehren würde.
Die Hautschäden haben sich inzwischen fast völlig zurück gebildet. Die Haut ist nicht mehr verfärbt und schuppt sich kaum noch. Nur die Haare der rechten Augenbraue sind noch weg. Ist aber auch kein Wunder, denn seit meiner Entlassung aus dem Krankenhaus reibt da rund um die Uhr eine Augenklappe.

Vor drei Tagen war ich wieder zur Wundkontrolle bei dem Operateur, der das Auge entfernt hat. Das Hauttransplantat ist trotz der 30 Bestrahlungen sehr gut angewachsen. Bis zur nächsten Kontrolle am 7. Januar soll ich nur mit Iruxol-Salbe behandeln und darauf achten, dass das Gebiet nicht austrocknet.
Eine Kompresse bräuchte ich auch nicht mehr einlegen. Aber wenn ich die weg lasse, läuft die Salbe so wieder raus. Die Sauerei brauche ich nicht.
Vielleicht brauche ich dann ab Januar „schon“ keinen Verbandswechsel mehr machen. Dann könnte ich wenigstens nachts die Augenklappe mal weg lassen.

Am 12.01.2010 geht’s dann doch nach Masserberg in die Reha.
Oh Mann! Vier Wochen Exil am Arsch der Welt. Der Widerspruch wurde abgelehnt. Die Rehaeinrichtung wäre für mich genau richtig.
In dem Ort ist gerade mal nichts. So wie es aussieht, nicht mal die Möglichkeit sich was außer der Reihe einzukaufen. Es sei denn, man nimmt die übertriebenen Preis am Kiosk in Kauf.
Besonders blöd finde ich die Geschichte mit der Telefonanlage.
Laut Prospekt bekomme ich als Patient eine hochmoderne Telefonanlage zur Verfügung gestellt. Das kostet natürlich. Ich muss 12 Cent/Minute bezahlen, und jeder der mich anrufen möchte darf 14 Cent/Minute berappen. Da nützt es auch nichts, wenn man zu hause einen Tarif hat, der einem ohne Mehrkosten das Telefonieren im deutschen Festnetz erlaubt. Tja, die hochmoderne Telefonanlage, von der ich wahrscheinlich eh nur das eine Endgerät in meinem Zimmer zu Gesicht bekomme, muss halt über eine teure 01805er Nummer finanziert werden.
Das wäre ja alles nicht so schlimm. Es gibt ja noch Internet. Ich bekomme Christines Netbook mit und wir könnten uns dann über ihre UMTS-Flat und Skype per Bildschirmtelefonie unterhalten. Allerdings nur, wenn das Netz dort entsprechend ausgebaut wäre. Wenn ich Glück habe, bekomme ich dort gerade mal eine GPRS-Verbindung hin. Grauenvoll!
Wenigstens war die Rentenversicherung so entgegenkommend, dass ich nicht unbedingt über die Feiertage dort hin muss.
So können Christine und ich unseren ersten Hochzeitstag, Weihnachten und Silvester immerhin in unserem neuen Zuhause feiern.

Ich finde es auf jeden Fall schön, dass zur Zeit etwas Ruhe eingekehrt ist, und ich nicht das Gefühl habe ständig auf dem Sprung sein zu müssen, weil irgendein Tumor mal wieder akut Probleme bereitet.
Jetzt heißt es Chemo wirken lassen und je nach Verfassung den Garten auf den Winter vorzubereiten. Wie schön, dass wir hier einen Garten haben.
Ich hoffe diesen Winter auf richtig vieeeel Schnee. Angeblich kann man hier durchaus damit rechnen.
Nicht wie in Gründau, wo das Gefusel gegen Mittag wieder weg getaut war.
Ich werde berichten. ;-)

Dienstag, 27. Oktober 2009

... und wirkt

Wie heißt es so schön, bei Medikamenten? Was wirkt hat auch Nebenwirkungen?
Nach drei Tagen haben sie eingesetzt.

Von Übelkeit hatte ich keine Spur. Das ist schon mal sehr schön. Allerdings war ich zwischenzeitlich schon mal am überlegen, ob ich die nicht lieber hätte, als das was dann kam.
Ich bekam plötzlich Schmerzen. Mir taten fast alle Gelenke weh. Das fing schon am Kiefergelenk an und ging bis zu den Füßen.
In Bewegung konnte ich ganz gut damit umgehen. Aber nachts im Bett war es grauslich. Ich wußte nicht, wie ich mich legen sollte. Also fing ich an meine Beine ein wenig zu bewegen. Dann wurde es besser und ich bin irgendwann eingeschlafen. Nach etwa einer Stunde wachte ich wieder mit Schmerzen auf, und das Spiel begann von neuem. Sehr erholsam war diese Nacht nicht.
Etwa zwei Tage und Nächte hielt dieser Zustand an. Mit sparsam dosierten Schmerzmitteln habe ich das auch überstanden.
Der angekündigte Haarausfall ist bisher noch nicht eingetreten. Aber die Chemo war ja auch erst vor einer Woche.

Es gibt aber auch etwas Positives zu berichten.
Ich habe das sichere Gefühl, dass die Tumore sich zurück bilden. Ja ehrlich!
Zum einen bekomme ich viel besser Luft als die ganze Zeit vorher. Ich brauche nach dem Treppenanstieg zum Schlafzimmer keine fünf Minuten mehr um eine normale Atemfrequenz zu erreichen. Ich habe auch nicht mehr dieses einschnürende Gefühl um dem Brustkorb herum.
Diese pflaumengroße Schwellung am Unterkiefer rechts, die eine verdickte Speicheldrüse sein soll, ist inzwischen nur noch halb so groß.
Natürlich verfalle ich jetzt nicht gleich in Euphorie. Aber freuen ist schon erlaubt.

Am Samstag bekam ich aus der Rehaklinik in M. ein Schreiben. Mein Aufenthalt soll diesen Donnerstag beginnen. Das ist so kurzfristig, dass ich nicht mal mehr Zeit habe das Bahnticket auf dem angegebenen Weg zu erwerben.
Aber das mit der Rehaklinik ist ein Thema für sich. Da gibt es noch mehr zu berichten. Das mache ich heute Abend nicht mehr. Morgen formuliere ich eh erst mal den Widerspruch.

Donnerstag, 22. Oktober 2009

Neue Chemo beginnt

Am 20. Oktober bekam ich das erste Mal diese neue Chemo (Docetaxel).

Irgendwie ist es schon ein komisches Gefühl.
Bei der Verabreichung trage ich Coldpack-Handschuhe. Angeblich soll dadurch verhindert werden, dass die Fingernägel ausfallen.

Was ich nicht ganz verstehe: Sobald die Chemo eingelaufen ist, kann ich die Handschuhe wieder ausziehen. Das Mittel zirkuliert dann aber doch immer noch im Blutkreislauf. Es kann also trotzdem zu den Fingernägeln kommen – oder verstehe ich da was falsch? Und was ist mit den Fußnägeln? Eisschuhe bekomme ich ja auch keine.

Einen Vorteil hat die Sache. Ich muss keine 24 Stunden eine Flasche mit mir herum tragen.

Von Übelkeit merke ich eigentlich nicht viel. Außer ich denke dran. Aber es gibt im Haus genügend Sachen, die mich ablenken.
Der Mund ist jetzt wieder trocken. Das heißt, die Schleimhäute verabschieden sich weiterhin. Aber das ist ja eine bekannte Nebenwirkung.
Mein Appetit ist gut. Nur der Geschmack hat sich mit den Schleimhäuten zurück gezogen.

Meine Haare habe ich inzwischen wieder auf 3 mm gestutzt. Durch die Bestrahlung wurde um das rechte Ohr herum eine Schneise geschlagen. Da sind die Haare scharf begrenzt fast weg. Da die anderen Haare um einiges länger waren, sah das doch etwas merkwürdig aus.

Die letzte Bestrahlung ist morgen schon eine Woche her. Jetzt kann sich die Haut wieder erholen. Ich soll aber noch etwa drei Wochen warten, bevor ich da wieder mit Seife ran darf.

Jetzt bin ich erst mal gespannt, wann sich die Rehaklinik meldet. Eigentlich müsste es bald so weit sein.

Donnerstag, 8. Oktober 2009

von wegen

Von wegen - letzte Bestrahlung! :-(

Heute habe ich erfahren, dass ich noch einen Nachschlag von 5 Stück bekomme.
Hätten die das nicht früher sagen können?
Jetzt hatte ich mich schon so darauf eingestellt.

Eigentlich wollten wir nächste Woche Montag bis Mittwoch mal einen Kurztrip zu lieben Verwandten an die Nordseeküste machen.
Tja, das fällt dann leider in's Wasser.

Wer weiß, wofür es gut ist.
Vielleicht findet sich ja noch eine Lücke vor der nächsten Chemo.

Mittwoch, 7. Oktober 2009

sieht gut aus

Wie schon angekündigt, war ich heute in der Uniklinik W. um mal die Wundheilung im rechten Augentrichter vom Operateur höchst selbst begutachten zu lassen.

Nach gut zwei Stunden Fahrt trafen wir in der Klinik ein.
10 Minuten später war der Professor da und räumte wie erwartet, die Reste der Gel-Tamponade aus.
Dahinter hatte sich tatsächlich einiges an zähem Sekret angesammelt. Es wurde also Zeit.
Nach der Säuberung konnte man sehen
(ich nicht), dass das Hauttransplantat trotz Bestrahlung gut angeheilt ist.
Da wo mal ein Auge war, ist jetzt ein bestimmt 4 cm tiefes Loch, das bis zum Schädelknochen reicht. Eine komische Vorstellung.
Das fand auch mein Kreislauf. Beim Reinigen wurde mir etwas schummerig und ich durfte erst mal die Beine hoch legen.

Mit Gaze und Salbe wurde ein neuer Verband angefertigt. Der soll jetzt erst mal drauf bleiben.
Da ich nur noch zwei Bestrahlungen habe, kann sich das Wundgebiet ja bald erholen.

Montag, 5. Oktober 2009

Wundermittel gesucht

Was für ein Gegurke!
Von mir bis zur Klinik braucht das Taxi ca. 50 Minuten (einfach). Und das jeden Montag bis Freitag. Super, dass mein Bestrahlungstermin um 16:45 Uhr ist. :-(

Das heißt, dass ich mich kurz nachdem Christine von der Arbeit nach Hause gekommen ist auf den Weg machen muss. Gegen 19 Uhr komme ich dann wieder heim.

Die Bestrahlung selbst dauert nur wenige Minuten.

Ich lege mich dort vor dem Gerät auf einen Tisch und bekomme eine Kunststoff-Maske über gestülpt. Die wurde extra angepasst und sitzt so fest, dass der Kopf immer in der gleichen Lage fixiert ist. Ich hatte mir das Gefühl schlimmer vorgestellt. Aber Beklemmungsängste kann man da eher in der Röhre beim MRT bekommen.

Unangenehmer ist da schon die Vorstellung, was dieses Gerät gerade mit einem macht.
Wenn ein Röntgenbild aufgenommen wird, dann surrt die Maschine vielleicht 3 Sekunden. Danach ist's gut.
Bei der Bestrahlung brät das Teil gleich mehrere Minuten am Stück.
So komme ich mir dann manchmal auch vor. Ich habe dann das Gefühl als würde der Kopfbereich, der im Strahlengang liegt, wärmer. Das wurde zwar schon von vielen Patienten berichtet, aber bestätigen konnte das noch kein Strahlentherapeut. Die geben dann gerne die Antwort, dass sie ja selbst noch nie bestrahlt wurden, und es deshalb nicht nachvollziehen könnten.
Auf meiner Stirn kann man ganz klar abgegrenzt sehen, welche Haut die Bestrahlung mit ab bekommt. Dieser Hautbereich ist dunkler und etwas gerötet.

Am 7. Oktober habe ich einen Termin bei Herrn Prof. K.. Der wird sich mal den Augentrichter genauer ansehen. Davor habe ich schon ein bisschen Angst. Bestimmt wird er den Rest der Gel-Tamponade entfernen um einen freien Blick auf das Wundgebiet zu haben. Ich befürchte, dass die Wunde durch die Bestrahlung nicht mehr völlig geschlossen ist, und Wundheilungsstörungen aufgetreten sind. Warum sonst sollte die Wund zur Zeit noch immer Wundsekret absondern. Ich habe das Gefühl, dass mir Sekret und Blut ständig als Rinnsal in Nase und Rachen laufen. Das ist unappetitlich.


Am 29.09. bekam ich mein vorerst letztes Yondelis angehängt. Das Wundermittel wirkt nicht, wie erwartet.

Das Bondronat, das ich täglich nehme, hat die Knochenmetastasen wohl erfolgreich bekämpft. Im Szintigramm sind nur meinem Alter entsprechende Veränderungen zu sehen. Das ist schon mal toll.
Auch sind im Kopf keine Metastasen zu sehen. Wobei ich da bei CT-Aufnahmen weniger euphorisch bin.
Leider sind die anderen Teile in Bauch und Lunge weiter gewachsen. Zwar langsamer, aber nicht so langsam, dass man von einem guten Erfolg des Yondelis sprechen könnte.
Ab 20. Oktober wird auf Docetaxel umgestiegen.
Das Mittel wird auch alle drei Wochen ambulant verabreicht. Dabei muss ich Eishandschuhe tragen. Das soll bezwecken, dass die Durchblutung der Finger herabgesetzt wird. Ansonsten kann es dazu kommen, dass mir die Fingernägel ausfallen. Na prima!
Ganz ehrlich? Bei dem Gedanken an die Prozedur wird mir jetzt schon schlecht.

Zur Zeit bin ich eh nicht so gut drauf.
Die Woche nach Yondelis drückt es da und dort, mir ist unheimlich schnell übel, ich bin schlaff, müde und antriebslos. Nebenbei kann ich sehen, wie die Metastase im Bereich der rechten Schulter wieder wächst.
Dabei wollte ich mir nach der Reha als erstes den Tumor im Bauch vornehmen.
Durch die angegriffene Lunge bin ich sofort außer Atem und schnaufe manchmal wie ein Walross. Ich hoffe, dass das Druckgefühl in der Lunge und auf die Luftröhre überwiegend psychischer Natur ist.
Bilder von CT- oder MRT-Aufnahmen schaue ich mir schon längst nicht mehr an.

Ich hoffe jetzt darauf, dass das andere Mittel Wirkung zeigt, oder bald etwas entsprechendes gefunden wird.
Letzte Woche habe ich mit meinem Schwager zusammen 80 Liter frisch gepressten Apfelsaft in Weinballons gefüllt. Die blubbern im Keller fröhlich vor sich hin. (siehe hier) Wenn alles gut geht, haben wir in einigen Wochen unser hessisches Nationalgetränk, den Äbbelwoi! Wer weiß, vielleicht ist das ja das Wundermittel. ;-)

Wer mehr darüber wissen möchte: http://de.wikipedia.org/wiki/Apfelwein

Donnerstag, 10. September 2009

Zu Hause - und los geht's

Jetzt gibt es doch einiges nach zu tragen.

Am Freitag, den 14. August bin ich überraschend früh entlassen worden. Eigentlich hatte ich mit noch einer Wochen Krankenhausaufenthalt gerechnet. Doch gegen Mittag kam eine Krankenschwester rein und fragte ob ich „Bock“ hätte nach Hause zu gehen. Klar hatte ich den!
Alle zwei Tage sollte ich den Verband am Auge wechseln und mich Ende der folgenden Woche bei dem Operateur, Herrn Professor K. wieder zur Begutachtung vorstellen. Das funktionierte aber nicht, da der Professor nämlich bis September im Urlaub ist. Dafür schaute am 20.08. die Stationsärztin auf die Wunde. Alles sieht aus, wie es aussehen soll. Die Geltamponade, die im Augentrichter liegt, soll sich von selbst auflösen. Weiterhin alle zwei Tage Verbandswechsel.

Natürlich wollte ich auch so schnell wie möglich wieder mit dem Yondelis anfangen. Also setzte ich mich gleich am Montag mit der Onkologie in F. in Verbindung. Noch am selben Tag wurde Blut zur Untersuchung abgenommen und am Dienstag die nächste Ampulle Yondelis angehängt.
Übrigens kostet so ein Fläschchen über 8.800,- Euro! Wahnsinn, oder?
Die Woche nach dem das Yondelis rein gelaufen ist, ist bescheiden. Die Darmtätigkeit nimmt ab und der Bauch wird dicker. Alles drückt, ich habe keinen Appetit und der Gang zur Toilette kommt eher einer Kieselsteinproduktion gleich. Und natürlich die allgegenwärtige Übelkeit. Besonders wenn ich daran denke – und ich denke oft daran. :-(

So, mit dem Yondelis hätte ich jetzt was gegen das viel zu schnelle Nachwachsen der Metastasen getan. Jetzt muss ich mich noch den verbliebenen Zellresten in der Augenhöhle widmen.
Am 27. August fand im Klinikum F. das Planungs-CT für die folgende Bestrahlung statt.
Die Bestrahlung begann am 7. September. 25 Stück sind geplant.

Da kommt wohl noch was auf mich zu.
Ich muss damit rechnen, dass mein linkes Auge auch etwas in Mitleidenschaft gezogen wird. Es kann sein, dass die Linse mit der Zeit trübe wird und ersetzt werden muss. Jeder Augenarzt tut das als kleinen, kurzen Eingriff ab. Aber da es sich dabei um mein einzig verbliebenes Auge handelt, sehe ich das etwas anders.
Wahrscheinlich ist auch eine Reizung der Netzhaut. Bebanthensalbe soll das lindern. Allerdings bin ich dann so gut wie blind. Bisher brauchte ich das aber noch nicht.
Da die Strahlen nicht am Ende der Augenhöhle stoppen sondern auch noch etwas in das Gehirn eindringen, soll ich mich auch auf eine Wesensänderung einstellen. Laut Strahlentherapeut kann es sein, dass mein Benehmen etwas leidet oder ich gewisse Eingenarten entwickle. Aber das soll sich nach der Bestrahlung wieder zurück bilden. Das gibt Hoffnung.
Natürlich muss ich auch mit Veränderungen an der Haut oder im Wundgebiet rechnen.
Das macht mir natürlich große Sorgen. Schließlich ist da in dem Augentrichter ein ganz frisches Hauttransplantat. Dahinter befindet sich auch nicht mehr sehr viel. Ich werde auf jeden Fall mein Auge darauf werfen.

Donnerstag, 6. August 2009

Frisch operiert

Gestern bin ich also doch operiert worden.
Es war ja erst noch nicht sicher, ob der andere Patient ausfällt. Ganz ehrlich – eigentlich hatte ich fast gehofft, dass ich erst am Freitag dran komme. Aber was hätte es genutzt. Irgendwann wäre ich eh dran gekommen, und je eher das Zeug entfernt wird, desto besser.

Gegen 9 Uhr hieß es: „Ab in den OP“.
Christine begleitete mich bis vor die OP-Schleuse.

Da ich früher selbst im OP gearbeitet habe, fühle ich mich hinter der Schleuse immer im Kreis von Kollegen. Das baut Stress ab. Es wird etwas gefachsimpelt und Erfahrungen ausgetauscht.

In der Einleitung ging dieses mal alles sehr schnell. Normalerweise bekomme ich mit, wenn ich langsam einschlafe. Aber plötzlich muss ich weg gewesen sein. Die Narkose war super. Diesmal habe ich absolut nichts davon mitbekommen. Ich wachte völlig unverkatert ohne Blasenkatheter und ohne ZVK auf. Prima! Zwei Schläuche, die schon mal nicht gezogen werden müssen. Auch keine Redon-Drainage in der Wunde. Mein Arm, von dem ja ein großer Hautlappen entnommen werden sollte – völlig unberührt. Hmmm. Aber operiert haben die schon, oder?

Ja, sie haben, erklärte mir am Nachmittag der Professor. Die Augenhöhle wurde makroskopisch komplett vom Tumorgewebe befreit. Um die Wunde zu schließen wurde mir nur etwas Muskelfaszie aus dem linken Oberschenkel und ein kleines Stück Haut am Hals entnommen.
Alle sind mit dem Verlauf der Operation zufrieden. Jetzt muss nur noch der Hautlappen angenommen werden. Am Samstag will der Professor den Verbandswechsel selbst durchführen.
Schmerzen habe ich keine. Da wäre der normale Wundschmerz. Aber der wird erst mal mit Novalgin und Tramal ausgeschaltet.

Jetzt bin ich erst mal gespannt, was der Verbandwechsel zu Tage fördert. Aber da ich mich bisher nicht über meine Wundheilung beklagen konnte, sehe ich der Sache etwas gelassener entgegen.
Ich glaube sogar, dass ich meine Augenbraue behalten habe. Das Augenlid ist allerdings weg. Sähe ohne Auge aber auch etwas merkwürdig aus. Ich denke mal, dass ich jetzt dort wo das Auge war eine leere Vertiefung habe. An eine Epithese ist aber erst mal nicht zu denken. Als Erstes muss die Wunde heilen. Dann kommt die Bestrahlung. Mit der Epithese fängt man wohl frühestens nach einem halben Jahr an. Bis dahin werde ich eher eine Augenklappe tragen. Sieht sicher verwegen aus. ;-)
Ich versuche halt das Beste daraus zu machen.

Mittwoch, 5. August 2009

Nichts genaues weiß man nicht

Tja, da bin ich wieder. Noch nicht operiert.

Am Dienstag wurde ich doch stationär aufgenommen, um am Mittwoch (also heute) operiert zu werden.

Mittags kam ein Anästhesist der mich erst mal fragte, ob ich schon mal einen Fragebogen zur Narkose ausgefüllt hätte.

Wahrheitsgemäß antwortete ich, daß ja, weil das nicht meine erste Narkose wäre. Wenn er aber die Narkose von morgen meint, hätte ich dafür noch keinen Fragebogen ausgefüllt.
Kurz darauf brachte er mir einen und verschwand.

Etwas später kam eine Anästhesistin und ging mit mir den Bogen durch. Dabei viel ihr auf, dass die wichtigste Seite, nämlich die für meine Unterschrift nicht enthalten war. Die wurde schleunigst dazu geholt.
Beim Gespräch erzählte ich ihr von den Lungenembolien, den Tumoren in der Lunge und am Herzen. Sie entschloss sich daraufhin heute ein Ultraschall vom Herzen und einen Lungenfunktionstest machen zu lassen.
Also nix OP. Sicherheit geht vor. Das finde ich gut und lasse mich deshalb auch lieber einen Tag später operieren.


Am Nachmittag war Chefarzt-Visite.

Professor K. meinte, dass er nach Rücksprache mit Frau Professor M. aus der Neurochirurgie wahrscheinlich die Wunde auch ohne den Hautlappen vom Unterarm decken kann. Das würde für mich die Zeit nach der OP angenehmer machen.
Das finde ich auch. Hauptsache sie lassen deshalb nicht Tumorgewebe drinnen.

Heute hatte ich dann die angekündigten Untersuchungen.
Es war nichts Auffälliges zu sehen. Mein Herz pumpt brav vor sich hin und die Assistentin, die den Lungenfunktionstest durchgeführt hat meinte, dass sie so ein Ergebnis auch gerne hätte. Aha!?!

Zwischendurch kamen noch eine Anästhesistin vorbei. Die holte sich noch eine Unterschrift ab. Die hatten wir gestern dann doch noch vergessen. ;-)
Sie ist übrigens der Meinung, dass ich morgen operiert werde.
Genauso, wie der Stationsarzt.
Und beide sind der Auffassung, dass es doch eine große OP wird. Also mit Hautlappentransplantation.
Die Schwester war da anderer Meinung. Bei ihrem Durchgang durch die Zimmer meinte sie, dass ich in ihren Akten erst für Freitag zur OP vorgemerkt bin.
Fünf Minuten später kam eine Ärztin vorbei, die mir Blut entnahm um eventuelle Blutkonserven ordern zu können. Die meinte, dass ich wirklich für Freitag geplant gewesen sei, es aber durchaus sein könnte, dass ich morgen für jemand anderes aufrücken könnte. Das entscheidet sich aber erst morgen. Gegen 8 Uhr würde ich dann Bescheid bekommen. Aber nüchtern bleiben soll ich auf alle Fälle schon mal.

Das Ganze trägt eigentlich nicht sehr zur Beruhigung bei. Besonders, weil gerne mal betont wird, dass es eine aufwendige und langwierige OP wird. Außerdem wäre die so selten, dass noch niemand so was gesehen hat. Mit Ausnahme des Professors, der mich operieren wird, hoffe ich.
Es bleibt also spannend.

Montag, 3. August 2009

Übermorgen wird operiert

Am 29.07. verbrachten wir den ganzen Tag an der Uniklinik in W..
Am Tag zuvor bekamen wir die Mitteilung, dass ich mich doch schon in der HNO-Poliklinik vorstellen soll.
Um 9 Uhr trafen wir dort ein. Die meiste Zeit verbrachten wir natürlich mit Warten. Aber damit hatten wir eh schon gerechnet. Als dann der Arzt in der Ambulanz meinte, dass sich ein Professor der HNO mit einem Professor der Neurochirurgie meine Befunde gemeinsam anschauen wollten, schwand bei mir jede Hoffnung auf eine baldige Heimfahrt.
Im laufenden OP-Programm zwei Ärzte an einen Tisch zu bekommen ist fast schon ein Ding der Unmöglichkeit. Das aber bei zwei Professoren aus unterschiedlichen Fachbereichen hin zu bekommen, sprengt selbst mein optimistisches Vorstellungsvermögen.


Es kam so, wie wir erwarteten.


Um uns herum leerte sich der Wartesaal vor der Ambulanz.
Der dortige Fernseher, der uns schon den ganzen Tag mit einer Soap nach der anderen quälte, wurde abgeschaltet und die Türen der Anmeldung wurden wie von Geisterhand von innen geräuschvoll verriegelt.

Irgendwann holte uns ein Arzt dann persönlich aus dem Warteraum ab und brachte uns zu Herrn Professor K. aus der HNO.

In einem ausführlichem Gespräch wurde mir der geplante Eingriff erklärt. Einen speziellen Aufklärungsbogen für die OP fand man jedoch nicht.

Das Auge wird also entfernt. Dabei möchte man natürlich auch alles an Tumorgewebe erwischen. Der gesamte Bereich um das rechte Auge wird weg genommen. So wie es klang, wird alles an Gewebe von der Augenbraue bis weit in die knöcherne Augenhöhle verschwinden. Dabei wird ein recht großes Loch entstehen, das irgendwie gefüllt werden muss. Dafür wird man mir aus der Innenseite des linken Unterarms einen ca. 5 x 15 cm großen Hautlappen entnehmen. Um dann wiederum das Loch im Unterarm zu decken, entnimmt man etwas Haut vom Oberschenkel.
Ich „freue“ mich jetzt schon wieder aus der Narkose zu erwachen.

Danach heißt es Daumen drücken.

Bisher habe ich erst eine Portion Yondelis bekommen. Eigentlich sollte ich wieder welches am 7.08. erhalten. Durch die Operation verschiebt sich das leider nach hinten.
Noch hat das Yondelis aber nicht seine ganze Wirkung entfaltet. Das heißt, die Tumore wachsen noch immer. Und da liegt das Problem. Ich habe ja mitbekommen, wie das rasante Wachstum der Dinger eine Baustelle nach der anderen entstehen lässt. Was vorher als wichtig erschien, wurde durch einen Tumor an anderer Stelle plötzlich zweitrangig.
Die Tumore in der Lunge sind da nur ein Risikofaktor von mehreren. So drückt ein etwa Kindskopf großer Tumor auf Niere, Leber und Galle. Wenn es da zu einem Verschluss kommt, ist wieder Eile geboten.

Zusätzlich hat sich mindestens eine Metastase direkt am Herzen angesiedelt. Wenn es da zu Engpässen kommt, habe ich ein ernsthaftes Problem.

Christine und ich wissen die letzten Wochen nicht immer wo uns der Kopf steht. Wir hangeln uns von einer Hoffnung zur nächsten. Parolen wie „Wir lassen uns nicht unter kriegen“, „Zusammen schaffen wir das“ sind an der Tagesordnung. Genauso beschäftigen wir uns natürlich auch mit dem Gedanken, was sein würde, wenn ich den Kampf verliere. Diese Horrorvision ist leider nur schwer zu verdrängen.

Trotzdem versuchen wir unseren Alltag so normal wie möglich zu gestalten. Wir genießen die schönen Momente so intensiv wie möglich.
Als gutes Zeichen sehe ich meinen noch immer vorhanden Appetit. So haben wir erst gestern mit Freunden zusammen eine große Pfanne Garnelen über Holzkohle gebraten. Schön in Olivenöl mit Chili, Knoblauch, Kräutern, Zitrone und Weißwein.
Als zweiten Gang gab es fangfrische Doraden mit Kräuterfüllung vom Grill. Mir läuft jetzt noch das Wasser im Mund zusammen.


Die nächsten Tage werde ich erst mal nur Krankenhausessen bekommen. Wobei das Essen der Uniklinik W. sich wirklich nicht verstecken muss. Ich glaube das ist das leckerste Essen, das ich bisher im Krankenhaus vorgesetzt bekam.


Morgen um 9 Uhr ist es dann so weit. Ich werde stationär aufgenommen und am 5.08. findet dann die Operation statt.

Es kann also sein, dass ich nicht gleich wieder was in den Blog schreibe.
Also dann, bis hoffentlich bald.

Samstag, 25. Juli 2009

Die Zeit drängt

Gestern hatten Christine und ich ein sehr ausführliches, langes und ernstes Gespräch mit dem Radioonkologen und Stahlentherapeuten Herrn Dr. H.-M..
Er kennt alle Befunde und weiß wo überall Metastasen sitzen. Deshalb konnte er auch durchaus verstehen, dass ich inzwischen nicht mehr so versessen darauf bin jede einzelne im Bild zu sehen.

Trotzdem kamen wir um die Betrachtung eines bestimmten Befundes nicht herum.
Es geht wieder um die rechte Augenhöhle, aus der ja bekanntlich am 29.06.09 alles Sichtbare an Tumorgewebe entfernt wurde.
Erschreckenderweise hat sich das Tumorgewebe diesmal keine vier Monate Zeit gelassen um wieder nach zu wachsen. Es hat diesmal nicht mal mehr vier Wochen gebraucht, um die Augenhöhle wieder zu füllen. Von wegen Hämatom hinter dem Auge.

Das macht Angst.

Eine reine operative Entfernung des Tumorgewebes bringt also dort nichts mehr. Schließlich kann man nicht ewig operieren.
Das Gewebe soll bestrahlt werden.
Doch wie? Das Strahlungsfeld hat mindestens die Größe einer Birne. Das heißt aber noch nicht, dass die Strahlung außerhalb dieses Bereichs keinen Schaden mehr anrichtet.

Wie schon mal erwähnt, benötigt das Tumorgewebe eine sehr hohe Strahlendosis, und das darum herum liegende Gewebe verträgt das nicht unbedingt. Zu diesem Gewebe gehört bei dem Radius jetzt leider auch mein gesundes Auge auf der linken Seite.
Würde man also jetzt das vorhandene Tumorgewebe bestrahlen, kann ich davon ausgehen, dass mein gesundes Auge ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen wird. Zumindest mit einer Linsentrübung ist zu rechnen. Was wiederum später eine Operation am linken Auge nötig macht, um die Sehfähigkeit zu erhalten.

Wir sind zu folgendem Entschluss gekommen.

Die Strahlendosis kann nur reduziert werden, wenn auch weniger Gewebe zu bestrahlen ist. Also muß das weg.

Aus dem Grund werde ich wieder in die Uniklinik W. gehen um dort so viel wie möglich Tumorgewebe aus der Augenhöhle und darum herum entfernen zu lassen. Dabei wird natürlich, wie schon befürchtet auch das Auge entfernt. Aber mit dem Gedanken habe ich mich ja schon länger anfreunden dürfen. Gewisse Sachen verlieren doch irgendwann ihren Schrecken.
Ich weiß leider noch nicht, ob die Klinik W. diese Operation durchführen will und kann. Der letzte Eingriff war schon sehr heikel.

Jedenfalls wurde alles für eine Verlegung in die Wege geleitet. Aus der Klinik F. wurde ich über das Wochenende erst mal beurlaubt. Zu Hause wäre ich für die zwei, drei Tage besser aufgehoben.
Jetzt warte ich auf einen Anruf aus der Uni W., der spätestens am Montag erfolgen sollte.

Sollte die Operation dort durchgeführt werden, muss ich danach noch warten, bis die frische Wunde wieder Narbenbildung zeigt. Dann kann mit der Bestrahlung begonnen werden.

Somit sind die Tumore in der Lunge und sonst wo erst mal wieder zweitrangig geworden.
Ich hoffe, dass uns das nicht alles über den Kopf wächst. Bei jedem Befund wird noch eines drauf gesetzt. Wo soll das hin führen? Irgendwann ist Schluss. Und davor haben wir eine riesen Angst.
Inzwischen reden selbst die Ärzte davon, dass ich nicht aufgeben soll auch an Wunder zu glauben.

Christine und ich sind inzwischen bis an unsere Grenzen angespannt. Natürlich wollen wir nicht aufgeben. Aber die einzelnen Treppenstufen zum Ziel scheinen immer zahlreicher und kleiner zu werden. Wir schauen inzwischen nur noch von Stufe zu Stufe.

Jetzt ist wichtig, dass das Yondelis greift und eine weitere Verbreitung der Metastasen zumindest verlangsamt. Nur so habe ich eine Chance Zeit zu gewinnen.

Donnerstag, 23. Juli 2009

Festhalten

Das Personal hier im Klinikum ist durchweg sehr nett.
Da zur Zeit Schulferien sind, wirkt sich das auch auf die Belegung der Zimmer aus. So bekam ich ein 3-Bett-Zimmer für mich ganz allein. Das heißt nicht ganz. Es wurde Christine sogar angeboten im Nachbarbett zu schlafen. So schob die Schwester zwei der Betten zusammen und besorgte und auch noch Kekse, Joghurte und was zum Trinken.
Die Nacht war allerdings, besonders für Christine, eher unruhig. Christine hatte ständig ein Auge auf mich und bekam vielleicht gerade mal eine Stunde Schlaf zusammen.

Eigentlich wird nicht sehr viel gemacht. Ich bekomme seither höher dosiert diese Blut verdünnenden Mittel und soll jede Veränderung sofort melden.

Die Kurzatmigkeit hat nachgelassen. Bei Anstrengung ist sie natürlich schnell wieder da.
In der Zeit meines Aufenthaltes hier werden weiter bildgebende Untersuchungen gemacht, um Ausgangsbilder zu haben, an denen man den Therapieerfolg verfolgen kann.

Am Mittwoch wurde ich sogar in ein Einzelzimmer verlegt. Für Christine wurde wie völlig selbstverständlich ein zweites Bett dazu gestellt, in dem sie seither übernachtet. Eigentlich hat mich das etwas stutzig gemacht. Das die Frau beim Patienten übernachten darf, hat im Krankenhaus einen etwas eigenartigen Beigeschmack.

Dieser Geschmack hat sich nach der letzten Visite, die gerade war, verstärkt.
Der Chefarzt der Tumorklinik klang alles andere als zuversichtlich.
Das ist wieder mal einer von der Sorte, die kein Lächeln auf die Lippen bekommen. Mit ernster Mine verkündete er mir, dass meine Lunge so voller Tumore wäre, dass man stellenweise nicht weiß, was was ist. Ein Tumor wäre sogar an die 15 cm groß. Das dadurch natürlich die Lungenkapazität eingeschränkt wird, ist klar. Dazu kommen noch diverse kleine Embolien.
Ein operatives Entfernen der größeren Tumore hält er für unsinnig. „Da macht man nichts mehr“ war sein einfühlsamer Kommentar.
Na toll! Als er dann noch die Wirkung des Yondelis in Frage und bestenfalls einen langsameren Wachstum der Tumore in Aussicht stellte, verschwand erst mal eine große Menge an Zuversicht aus dem Zimmer.
Und bei allem saß Christine dabei und machte sich ihre eigenen Gedanken dazu.
Noch nie bekam sie eine so niederschmetternde Diagnose aus erste Hand zu hören.
Unterm Strich klang das alles nach entweder einem die nächsten zwei Jahre langsamen dahin Siechen oder einem plötzlichen Ende durch irgendeine Komplikation. Deshalb hat er mir auch schon nahe gelegt mich bis nächste Woche unter stationärer Aufsicht zu behalten. Dann sehen wir weiter.

Wir halten jetzt aber an der Zuversicht von Frau Dr. D. fest, die Ihrer Yondelis-Therapie mehr zu traut. Zusätzlich wird noch immer ein Termin bei einem Dr. R. in der Nähe von Berlin angestrebt. Der betreibt eine Klinik an der man noch etwas weiter denkt und auch neue Wege geht.

Dienstag, 21. Juli 2009

Wieder stationär

Heute hatte ich einen Termin in einer radiologischen Praxis in F., zum Schädel-CT. Der Termin war eher für die Füß'.
Man entschied sich vorerst für ein CT des Schädels, weil mir bei der letzten Operation ein Metallteil am Rand der Augenhöhle eingeschraubt wurde. Im MRT hätte das evtl. zu stark abgestrahlt und keine klaren Bilder gezeigt. Wie sich aber herausstellte, ist das Schräubchen so klein, dass es kaum stören sollte.

Der Bereich hinter meinem rechten Auge ließ sich auf der CT-Aufnahme nicht klar definieren. Überhaupt meinte der Radiologe, dass er damit nichts anfangen könnte, da er mich und meine Vorgeschichte bzw. die Voraufnahmen nicht kennen würde. Ein Termin für ein MRT wurde ausgemacht.

Schon auf dem Weg zurück zum Auto wurde ich ziemlich kurzatmig. Ich schnaufte als würde ich im Dauerlauf zum Parkplatz joggen. Aber das kannte ich ja schon von vorangegangenen Chemos.
Nachdem das aber selbst abends auf der Couch nicht besser wurde, machten wir uns Gedanken.
Unter Nebenwirkungen des Neulastas wurden diese in seltenen Fällen als Komplikation aufgeführt. Es sollte umgehend ein Arzt konsultiert werden.

Zum Glück hatte meine Onkologin Dienst und bestellte mich gleich in die Klinik ein um eine Lungenembolie auszuschließen.

Da es gegen 20 Uhr war, fuhr mich Christine direkt in die Notfallaufnahme. Da bekam ich sofort eine Liege zugewiesen, Blut abgenommen und ein EKG gemacht. Nach einigen Untersuchungen und einem Thorax-CT (CT der Lunge) stellte sich heraus, dass sich in meiner Lunge inzwischen etwa 10 zum Teil recht große Metastasen befinden. Zusätzlich aber auch mehrere kleine Embolien, die aber auch schon älter zu sein scheinen.
Ich bekam sofort ein Blut verdünnendes Mittel angehängt und wurde stationär aufgenommen.
Seither befinde ich mich hier im Klinikum F. wieder auf Station.

Freitag, 17. Juli 2009

Neue Zeitrechnung

Es ist der Tag, an dem die Chemotherapie mit Yondelis startet.
Wie schon erwähnt, hält die Onkologin hier im Klinikum F. eine erneute Chemotherapie mit Adriamycin und Ifosfamid für eher schädlich, als hilfreich.
Das Adriamycin ist, wie man so schön sagt „kardiotoxisch“. Bedeutet übersetzt „giftig für's Herz“. Nutzen und Schaden würden in keinem günstigen Verhältnis zueinander stehen.
Mit Yondelis habe man aber sehr gute Ergebnisse erzielt.
Ziel ist es somit erst mal das Tumorwachstum zu verlangsamen oder noch besser zu stoppen. Das hängt jetzt ganz davon ab, wie das Mittel anschlägt.

Natürlich hatte ich erst mal richtig Schiss vor dem Mittel. Zu lebendig ist noch die Erinnerung an die letzte Chemo.


Das Medikament wird in ca. 24 Stunden durch einen selbst entleerenden Beutel verabreicht. Dieser Beutel befindet sich in einem Behälter, der stark an eine Trinkflasche für Babys erinnert. Über meinen Port angeschlossen nehme ich die Flasche dann mit nach Hause.

Am nächsten Morgen war die Flasche leer und ich konnte sie ab stöpseln.
Dank des ausführlichen Medikamentenplans ist genau geregelt, wann ich welches Medikament einnehmen soll. So auch etwas gegen die Übelkeit.
Die hielt sich erfreulicherweise sehr in Grenzen.
Die eigentlichen Nebenwirkungen traten erst nach drei Tagen hervor.

Am Montag sollte ich mir noch eine Spritze Neulasta verabreichen. Durch das Yondelis geht die Anzahl der weißen Blutkörperchen zurück. Um dem entgegen zu wirken ist diese Spritze. Da hiernach mit Knochenschmerzen zu rechnen ist, sollte ich vorher noch ein Schmerzmittel nehmen. Die Schmerzen blieben aus. Doch dafür wurde ich kurzatmig.

Mittwoch, 8. Juli 2009

Morgen geht's heim

Jetzt bin ich leider nicht mehr alleine im Zimmer. Ein 82 Jahre alter Herr mit gelegentlichen Schmerzen in den Beinen ist dazu gekommen. Das war eine Nacht.
Dann läuft er zu Hochtouren auf.

Erst mal eine ganze Weile rum wälzen.
Aufstehen, Bett verstellen, hinlegen, rum wälzen, aufstehen, Bett verstellen, u.s.w. ...
Um 2 Uhr aufstehen und an den Schrank gehen. Schließfach aufschließen und Schlüsselbund in die Hosentasche stecken. Wieder hinlegen.
Gleich wieder aufstehen und den Schlüsselbund wieder in den Schrank schließen.
Ins Bett legen, herumwäzen, aufstehen, Bett verstellen, wieder hinlegen, .... Ihr wisst schon ...
Um 4:30 Uhr wieder aufstehen und an den Schrank gehen. Tasche raus nehmen und Kleiderbügel abräumen. Alles in die Tasche packen und mehrmals den Inhalt kontrollieren.
Nebenbei venösen Zugang ziehen und zur Nachtschwester gehen.
Nachtschwester verbindet den Arm und macht das Bett neu. Dabei lautstarke Diskussionen über Sinn und Unsinn eines venösen Zugangs.
6:30 Uhr Nacht rum.

Seit der OP ist eher Warten angesagt. Erst nach 10 Tagen werden die Fäden gezogen. Das ist morgen, und dann darf ich nach Hause. Bis es so weit ist, wird die Zeit totgeschlagen. Ich lese, döse, esse und surfe im Internet. Immerhin wurde mir angeboten schon mal einen Teil der bildgebenden Untersuchungen zu beginnen. Das spart Zeit für die nachfolgenden Therapien.

Am 6. war das CT von Thorax und Abdomen dran. Meine Güte, die haben jeden Zugang für Kontrastmittel genutzt.
Erst durfte ich einen Liter von dem grausamen Zeug trinken, dann haben sie mir noch einen Schlauch in den Allerwertesten gesteckt. Und als ob ich noch immer nicht genügend mit Kontrastmittel aufgefüllt wäre, kam unter der Untersuchung noch eine Ladung über die Vene hinein.

Die eigentlich noch gewollte MRT-Untersuchung vom Becken klappt leider hier nicht mehr. Zu groß ist der Andrang auf das Gerät.

Immerhin wurde von hier aus schon mal ein Termin für das Klinikum in F. ausgemacht. Dort werde ich dann wohl die Chemotherapie in Angriff nehmen.
Ich würde gerne davor weg laufen. Aber das bringt nichts. Ich merke, wie es in mir immer mehr drückt. Da mag mir auch die Psyche noch zusätzlich einen Streich spielen. Aber die vorhandenen Tumore sind eben nicht wegzudenken. Gerade, wenn man einen Teil davon schon von außen sehr gut tasten kann. Verdammt, wachsen die schnell!
Manchmal habe ich das Gefühl in mir drinnen habe ich kaum noch Platz. Da kommt dann dieses Beklemmungsgefühl hoch.
Naja, jetzt heißt es dran bleiben, die Dinger mit allen Mitteln verkleinern und rausschneiden lassen.

Freitag, 3. Juli 2009

Allein im Zimmer

Die letzten Tage war es ganz schön warm hier. Mein Bettnachbar hatte ein Thermometer in der Uhr – 27,3 °C.

Heute war wohl eine große Entlassungswelle.
Seit dem Mittagessen habe ich das 3-Bett-Zimmer für mich alleine.

Die beiden hier im Zimmer waren sehr angenehme Mitpatienten. Der eine war Handelsvertreter für Friseurartikel aus der Nähe von Rothenburg ob der Tauber, und der andere ein Winzer aus Bad Mergentheim.

Ich genieße aber auch jetzt alleine im Zimmer zu sein.
Am Nachmittag kam das lange ersehnte Gewitter.
Ich bin mit dem Bett ans Fenster umgezogen und eine kühle Brise weht um mich. Und keiner ist da, der sich über den Zug beschwert.


Zur Zeit bekomme ich keine Schmerzmittel mehr. Das Schmerzpflaster ist seit gestern nicht mehr drauf und die übrigen Schmerzmittel habe ich aussortieren lassen. Und siehe da, es sind auch keine Schmerzen mehr gekommen.
Jetzt muss nur meine Birne wieder abschwellen und sich farblich dem Rest anpassen.


Über das Wochenende verliere ich dann noch den Pflasterverband und das Kortison wird wieder reduziert.
Für die nächste Woche sind noch MRT- und CT-Untersuchungen von Becken, Abdomen und Thorax, sowie ein Besuch beim Augenarzt geplant.

Ach ja, das Auge.

Vielleicht habe ich Glück und da tut sich noch was.
Zur Zeit sehe ich noch ein graues Riffelglas, und wenn man mir mit der Lampe in die Pupille leuchtet, einen ganz zarten hell-dunkel-Kontrast.
Wenn der Druck nicht zu lange auf dem Sehnerv war, und unter der OP er nicht noch zusätzlich zu viel abbekommen hat, könnte sich vielleicht wieder etwas regenerieren. Aber das braucht viel Zeit und geht jetzt in den Bereich der Spekulationen.

Die Aufnahmen in der nächsten Woche sind jedenfalls schon mal dazu da um Ausgangsbilder für die nächste Chemo zu haben. Denn so viel steht leider fest – die muss wohl sein.
Wenn ich da nichts mache, dann brauchen nur ein paar Tumorzellen in der Augenhöhle übrig geblieben sein (und davon kann man eigentlich ausgehen). Die wachsen nämlich schon jetzt wieder fleißig weiter und machen mir spätestens in vier Monaten das gleiche Problem. Mal abgesehen von den Dingern, die eh noch da sind.

Montag, 29. Juni 2009

OP überstanden

Am Montag wurde ich gleich morgens, gegen 7:30 Uhr in den OP gefahren. Da wurde nicht lange mit der Narkose gewartet.

Als nächstes erinnere ich mich nur wieder daran, dass ich wach wurde und noch durch den Tubus beatmet wurde.

War das ein scheiß Gefühl!

Jetzt wusste ich durch meine Ausbildung immerhin schon mal, was das sein konnte.

Man hat dieses Fremdkörpergefühl im Hals, bekommt aber trotzdem Luft. Keinen Laut kann man von sich geben und das Schlucken fällt schwer.

Irgendwo in der Nähe waren Stimmen zu vernehmen.

Um auf mich aufmerksam zu machen, klopfte ich mit der linken Hand auf meine Unterlage. Immer wieder.
Der rechte Arm lässt sich nicht einsetzen.
„Hey Leute, hört mich denn keiner? Ich bin wach!“
Das Druckgefühl im Hals nimmt zu.
Ich haue weiter auf die Unterlage neben mir.
Inzwischen habe ich wirklich das Gefühl eine Bowlingkugel im Hals zu haben. Wie soll die da bloß wieder raus?
Ein Anflug von Panik kommt auf.
Da höre ich Schritte näher kommen.
Kurz darauf bin ich wieder ohne Bewusstsein.

Als ich das nächste mal aufwache, kann ich normal atmen.
Ich spüre einen Verband um meinen Kopf und viele Schläuche und Leitungen um mich herum.
Rechts neben mir brodelt das Sauerstoffgerät.
Ich liege auf der Intensiv in einem Zimmer, das zum Aufwachraum erklärt wurde.
Wie ich erfahren habe, wurde ich etwa um 18 Uhr aus dem OP gefahren.

Als ich das erste Mal nach der Uhrzeit frage, freue ich mich. 4 Uhr – dann kann Christine mich ja doch noch mal sehen und sich überzeugen, dass es mir gut geht.

Von wegen. Es ist 4 Uhr nachts.

Obwohl ich in dem Zimmer völlig alleine liege, ist die Geräuschkulisse enorm.
Das Brodeln des Sauerstoffgerätes wandelt sich irgendwann und hört sich wie eine Spülmaschine an, die gerade Wasser pumpt.
In regelmäßigen Abständen scheint im Zimmer unter mir eine Waschmaschine zu schleudern.
Aber das ist alles nebensächlich.
Ich habe keine Schmerzen mehr!
Der Ausgang der OP ist mir fast egal. Mir ist nur eines im Moment wichtig – die Schmerzen sind weg!

Den Rest bekomme ich jetzt auch noch hin.

Donnerstag, 25. Juni 2009

Irgendwie

Irgendwie haben wir die Nacht herum gebracht.
Ich habe auf der Couch im Wohnzimmer gelegen, Christine auf der anderen und Wache gehalten.
Der Arzt am anderen Ende der Leitung in W. wundert sich, dass wir noch nicht unterwegs sind.
Stevie und Christine brachten mich zusammen mit dem Auto in die Klinik.
Ich erinnere mich noch, dass es ein furchtbares Gezuckel war. Viele Baustellen und Schlaglöcher.
Seit letztem Dienstag hat das Ziehen in der Leistengegend stetig zugenommen.

Ja, am rechten Oberschenkel ist auch wieder ein Tumor.
Irgendwie zieht der jetzt sehr blöd da unten, und irgendwie scheint sich das aber auch auf die linke Seite auszuwirken. Laufen geht jetzt also auch nicht so ganz aufrecht.

Das Wörtchen „irgendwie“ taucht ständig auf. Das passt. Denn ich habe für die Tage bis zur OP keine Struktur vor Augen. Ich weiß nur, dass es mir am besten ging, wenn ich beide Augen geschlossen hatte und sie nicht bewegte. Sicher war ich auch durch die Schmerzmittel ziemlich neben der Spur.

Am 27. Juni hatten Christine und ich unser Jubiläum.
Jetzt sind wir offiziell über 5 Jahre zusammen. Christine schlägt sie alle!

Und am Nachmittag gingen im rechten Auge die Lichter aus.

Mittwoch, 24. Juni 2009

Voltaren hilft nicht

Die Schmerzen haben zugenommen.

Es fällt mir sogar jetzt noch schwer davon zu schreiben, wenn ich nur daran denke. Ich trage das hier ja etwas zeitversetzt nach und bin jetzt schmerzfrei, aber vergessen werde ich die wohl noch nicht so schnell.

Inzwischen wird der Augapfel ständig fest an den Knochenrand der Augenhöhle gepresst.
Von vorne drückt der Knochen, von hinten der Tumor. Dazu werden die Muskeln hinter dem Auge kräftig gedehnt. Ich habe das Gefühl, mir platzt der Schädel. Bloß nicht bewegen.

In gebückter Haltung bin ich in der Küche mit dem Kopf gegen eine Ecke eines Hängeschrankes gelaufen. Das war mal richtig gut. Endlich ein anderer Schmerz. Das klingt vielleicht bescheuert. Aber ich kann die Leute verstehen die vor Schmerzen den Kopf gegen die Wand hauen.
Mir ist auch danach.

Ich versuche die Sache mal ein wenig abzukürzen.

Die Schmerzen werden stärker und irgendwas muss geschehen.
Die Klinik in F. stellt mir Rezepte mit stärkeren Schmerzmitteln aus und will gleich für den nächsten Tag eine Aufnahme in W. organisieren.
So weit kommt es aber nicht mehr.
Noch in der gleichen Nacht wird mit dem diensthabenden Arzt in W. telefoniert. Wir sollen uns um 9 Uhr am nächsten Morgen wegen der Aufnahme noch mal telefonisch melden, er will alles in die Wege leiten.

Dienstag, 23. Juni 2009

In der Ambulanz

Pünktlich um 9:30 Uhr komme ich in der neurochirurgischen Ambulanz der Uniklinik W. an.
Mein Schwager Stevie hat sich wieder einmal als hervorragender Fahrer bewiesen und sich für die Wartezeit mit genügend Lesestoff ausgerüstet. Die neun Stunden von neulich haben ihren Eindruck hinterlassen.
Dazu kam es diesmal aber nicht.

Erstaunlich schnell wurde ich von einer Ärztin zum Gespräch geholt. Nachdem ich wieder meine ganze Geschichte zu Protokoll gegeben hatte, wurde ich noch der Frau Professor M. vorgestellt. Sie meinte, dass der Zugang zu dem Tumor nicht all zu schwierig sein sollte. Natürlich wird auch wieder auf die Risiken hingewiesen.
Sofort aufgenommen kann ich aber nicht werden. Alle Stationen platzen aus ihren Nähten. Die Aufnahme ist für Mittwoch, den 1. Juli und die Operation dann für Freitag den 3. Juli geplant.

Irgendwie scheint mir keiner zu glauben. Ich rede die ganze Zeit davon, wie schnell das Tumorgewebe beim Tumor davor gewachsen ist, und wie schnell der Druck auch dieses mal wieder zunimmt. Außerdem sieht man doch auf den inzwischen über 10 Tage alten Aufnahmen, dass bereits der Sehnerv in Bedrängnis ist.
Aber mit der entsprechenden Schmerztherapie soll das machbar sein.
So lange ich nichts merke brauche ich auch keine Angst haben, oder was?

Ich bekomme Voltaren mit. Das soll helfen.

Montag, 22. Juni 2009

Neue Anlaufstelle

Heute morgen brachte mich Christine wieder in die Klinik nach F..

Bisher passierte aber nicht viel. Ich bekam meine Cortison-Infusion, Frühstück und Mittagessen und ein kurzes Gespräch mit einem Stationsarzt.

Dafür telefonierte ich mit dem Oberarzt aus E., der mich im Februar schon am Auge operierte. Die haben die damaligen Tumoraufnahmen mit den aktuellen verglichen und bieten eine erneute Operation an. Mit den möglichen Risiken natürlich.

Zur Mittagszeit hatte ich noch das angekündigte Gespräch mit dem Professor aus L..

Er hat mir als Anlaufstelle mit hervorragendem Ruf die Uniklinik in W. empfohlen. Er gab mir direkt die Telefonnummer des dort zuständigen Professors.

Morgen um 9:30 Uhr bin ich in die Sprechstunde mit rein gerutscht.

Es handelt sich dort um die neurochirurgische Klinik, die eng mit der HNO- und Augenklinik zusammen arbeitet. Zusammen sollten sie für alle möglichen Schädeleingriffe gut gerüstet sein.

Meine Onkologin aus M. hat mir bereits vorab eine Überweisung und den aktuellsten MRT-Bericht zugefaxt.

Inzwischen habe ich das auch mit der Klinik hier abgesprochen.

Ich bekomme alles für die morgige Cortison-Infusion zusammen gepackt. Dann kann ich sie mir morgen früh zu Hause selbst anhängen und anschließend nach W. fahren.

Sicherheitshalber nehme ich gleich den gepackten Koffer wieder mit. Man kann ja nie wissen.

Auf jeden Fall hole ich mir so wieder eine weitere Meinung ein. Das hat noch nie geschadet.

Sonntag, 21. Juni 2009

Welcher Weg ist der Richtige?

Am 18. Juni rufe ich gleich morgens in der am nächsten zu meinem Wohnort liegenden Klinik an, die Chemotherapien auch ambulant durchführen.
Die Klinik in F. hat einen guten Ruf und ist etwa 44 km von zu Hause weg.
Meine Krankenkasse, die mir die Adresse der Klinik gegeben hat, nennt mir auch gleich ein Taxiunternehmen in meiner Nähe, welches die regelmäßigen Fahrten abrechnen kann.

Am 19. Juni um 11:30 Uhr habe ich einen Gesprächstermin mit der dortigen Onkologin Frau Dr. D..
Sie rät mir von einer herkömmlichen Chemotherapie, wie ich sie bisher schon bekommen habe, eher ab. Gerade das Adriamycin schädigt in hohem Maße das Herzkreislaufsystem. Also die Pumpe. Ich habe also die Aussicht auf möglicherweise kleinere Tumor und dafür einen Herzschaden.
Wie schon Ende letzten Jahres von der Uniklinik in D. geraten, schlägt mir nun auch Frau Dr. D. eine Behandlung mit Yondelis vor. Das Medikament, das ab da alle drei Wochen als 24-Stunden-Infusion verabreicht wird und das Tumorwachstum stoppen soll.

Da ich wieder mal deutlich gemacht bekomme wie schnell die Dinger wachsen und man nicht weiß, wo man zuerst das Messer ansetzen soll, sehe ich das Angebot inzwischen in einem anderen Licht.

Ich werde noch am selben Tag stationär in der Klinik aufgenommen und habe bis zum Abend bereits Gespräche mit dem Professor der Abteilung, einem Neurochirurgen und zwei HNO-Ärzten geführt.
Aktuelle Bilder und Untersuchungen werden benötigt um Genaues planen zu können. Aber es ist Freitag und laut Aussage des Professors läuft am Wochenende nichts in Deutschlands Kliniken.

Um die Schwellungen am Auge zu reduzieren bekomme ich 40 mg Cortison über meinen Port. Dazu ein stärkeres Schmerzmittel, das mir endlich wieder eine ruhige Nacht beschert. Danach geht’s wieder nach Hause. Am Samstag und Sonntag darf ich einmal täglich ins Klinikum um mir meine Medikamente und die Portion Cortison abzuholen.
Jetzt ist es Sonntag Abend und morgen früh gegen 7 Uhr werde ich erst mal auf Station bleiben. Dann wird erst mal die Diagnostik starten und möglicherweise auch die erste Gabe des Yondelis stattfinden.
Nach dem Hin und Her der letzten Tage will ich mich da aber nicht so darauf verlassen.

Zur Zeit sieht es so aus, als ob mir das Yondelis die Zeit verschaffen kann, um mich um die vorhanden Metastasen zu kümmern. So kann zumindest mit dem Ziel das Auge zu erhalten, vielleicht ein Teil des Turmors dahinter entfernt werden.
Die Klinik hat bereits gute Erfahrungen mit der Yondelis-Therapie gemacht. Es gibt sogar Patienten, die über zwei Jahre einen Wachstumsstillstand erlebt haben. Ich kann also nur hoffen, dass das Mittel bei mir genauso gut anschlägt. So habe ich vielleicht die Zeit mich der größeren Tumore nach und nach zu entledigen. Außerdem kann ich mich dann voll und ganz auf die Synergetik-Therapie stürzen.
Jetzt gilt es noch die richtige Klinik zu finden, die mein Auge bestmöglichst operieren kann. Hoffentlich gerate ich bei der Suche danach an die richtigen Ärzte. Es gibt immer welche, die nicht über die Mauern ihrer eigenen Klinik hinaus schauen können, sich selbst über- und andere Institutionen unterschätzen. Mir ist doch egal, ob der richtige Operateur 5 oder 500 km von mir weg ist. Hauptsache das Ergebnis stimmt.

Morgen wird sich also so einiges tun. Zusätzlich werde ich noch ein Gespräch mit dem Oberarzt aus E. und dem Professor aus L. führen. Ich will möglichst viele Vorschläge und Meinungen hören, damit ich nicht das Gefühl habe mich blind auf irgend etwas eingelassen zu haben.

Das Wort „blind“ gewinnt immer mehr an Bedeutung.

Mittwoch, 17. Juni 2009

Pustekuchen!

Am 8.05. hatte ich mein Schädel-CT. Laut Radiologen ist kein Tumor im Kopf zu entdecken. Lediglich in der rechten Augenhöhle seien Strukturen zu erkennen, die wohl Narbengewebe der vorangegangen Operation sind.
Pustekuchen! Wie sich inzwischen herausgestellt hat.

Am Wochenende zum 6. Juni bemerkte ich einen zunehmenden Druck hinter dem rechten Auge. Da gerade mal 4 Wochen noch kein Tumor da gewesen sein soll, schöpfte ich noch keinen Verdacht und machte erst mal einen Termin beim Augenarzt aus. Also erst zum Hausarzt, eine Überweisung für den Augenarzt holen und dort einen Termin machen. Ich ging einfach mal hin und kam sogar gleich noch am selben Tag dran. Es ist Dienstag, der 9. Juni. Die Sehkraft liegt auf beiden Augen bei 100 %, aber der Augendruck rechts ist etwas erhöht. Noch kein Grund zur Panik. In vier Wochen soll ich noch mal zur Kontrolle kommen.
Ich traue der Sache aber nicht und habe bereits für kommenden Freitag einen Termin bei meiner Onkologin gemacht. Mit ihr möchte ich auch die von Professor P. vorgeschlagene Chemotherapie besprechen und in die Wege leiten.
Am Freitag, den 12. Juni bin ich also bei der Onkologin. Wir sind uns einig, dass eine Chemotherapie auf jeden Fall notwendig ist, um eine weitere Ausbreitung der Tumore zu unterdrücken. Da ich schon mal da bin, bekomme ich gleich eine Bisphosfonat-Infusion um die Knochen zu stabilisieren.
Um dem Druck hinter dem Auge auf den Grund zu gehen, bitte ich sie mir möglichst zeitnah einen MRT-Termin zu beschaffen. Es klappt, und ich bekomme noch am gleichen Tag die Aufnahmen.

Leider mit einem erschreckenden Ergebnis.
Die ganze Augenhöhle ist wieder mit Tumorgewebe angefüllt. Diesmal ist es aber nicht nur ein Tumor, sondern mehrere Knoten. Die liegen natürlich auch wieder ungünstig und verdrängen langsam wieder den Sehnerv.
So was erfährt man natürlich Freitag Abends um 17 Uhr.

Ich beschließe gleich am kommenden Montag Morgen in der Klinik auf der Matte zu stehen, die im Februar den ersten Tumor hinter dem Auge entfernt haben.
In der Ambulanz macht man mir schon von Anfang an keine großen Hoffnungen. Durch die Vor-OP und das dadurch entstandene Narbengewebe wird eine zweite Operation sehr erschwert. Die Gefahr die Funktion des Auges zu zerstören ist besonders hoch.
Aber da heute Montag ist, ich morgen Geburtstag habe und der zuständige Oberarzt erst am Mittwoch wieder bei der Visite zu sprechen ist, bekomme ich einen stationären Aufnahmetermin für Mittwoch um 9 Uhr.
Hmmm, nun gut. Wir fahren die 250 km wieder nach Hause. Da schläft sich eh am besten. Nur der Druck wird stärker und ich greife zu einer Kombination aus Novaminsulfon und Tramal um die Schmerzen zu lindern. Es gelingt einigermaßen. Abends und nachts ist das Druckgefühl am intensivsten.

Am Mittwoch fährt mich mein Schwager wieder mit dem Auto in die Klinik nach E.. Um kurz nach 6 Uhr geht es los, damit wir pünktlich um 9 Uhr die 250 km hinter uns haben. Kurz nach 8:30 Uhr versucht mich die Station anzurufen um mir mitzuteilen, dass kein Bett frei wäre und ich erst am Donnerstag zu kommen brauche.
Die wissen doch genau aus welcher Ecke Deutschlands ich anreise. Glauben die, ich komme mit einer Rakete?
Ich stehe jedenfalls pünktlich um 9 Uhr auf der Matte und werde erst mal bis 16 Uhr vertröstet. Der Oberarzt steht noch im OP und kommt dann zur Visite.
Um 16 Uhr bin ich auf Station. Der Oberarzt nicht. Er beginnt seine Visite um kurz nach 17 Uhr.
Warum spricht er eigentlich nicht erst kurz mit mir? Er weiß doch, wie lange ich hier schon herum sitze. Seine Patienten auf Station laufen ihm sicherlich nicht gleich davon. Die können wenigstens im Bett liegen. Ich bin hundemüde.
Um 18:30 Uhr bin ich dann dran.
Ich bekomme die gleichen Schwierigkeiten in Aussicht gestellt, wie schon am Montag in der Ambulanz. Man würde operieren. Aber dann am liebsten gleich das gesamte Auge entfernen. Ob ich dann mit einem künstlichen Auge oder gleich mit einer Epithese ausgestattet werde, ist nicht sicher.
Als einzigen Weg das Auge noch zu erhalten, wird nun doch zuerst zu der Chemo geraten. Das schnelle Wachstum des Tumors zeigt, dass es sich um sehr schnell teilende Zellen handelt. Deshalb kann davon ausgegangen werden, dass eine Chemotherapie auch schnell Wirkung zeigen kann.
Bestenfalls schmilzt der Tumor unter der Chemo weg und das Auge ist vorerst gerettet.
Ich soll also so schnell wie möglich einen Termin zur Chemotherapie anstreben und werde nach Hause entlassen.

Montag, 27. April 2009

Zeit gewinnen

Wie schon angekündigt, war ich heute in der Uniklinik in D..
Dort hat mich Herr Professor P. ein wenig unter seine Fittiche genommen.
Mit ihm hatte ich ein längeres Gespräch, in dem wir die weitere Vorgehensweise besprochen haben.

Schon als er mich im November an dem Tumor in der rechten Axilla operierte, fragte er mich, warum meine Chemotherapien nicht in Verbindung mit der Hyperthermie gemacht wurden. Die Chemotherapie hätte dadurch eine bessere Wirkung gezeigt.
Leider war er bei der entscheidenden Tumorkonferenz nicht dabei. So schlich sich aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen der Irrtum ein, dass ich angeblich jede weitere Chemotherapie ablehnen würde.
Also war das Thema erst mal vom Tisch.

Aufgrund der aktuellen Entwicklung ist den Metastasen aber nur durch Operationen nichts entgegen zu setzen. Es sind einfach zu viele und sie sind zum Teil auch an schwer zugänglichen Stellen. Dazu kommt, dass sie furchtbar schnell wachsen und dadurch lebenswichtige Organe in Bedrängnis bringen.

Jetzt werden auf jeden Fall erst mal Bilder benötigt. Wenn man weiß, wo und wie groß die Tumore sind, kann man auch die nächsten Schritte in die Wege leiten.
Dann gilt es zu entscheiden, ob man erst operiert, um die Tumormenge für die Chemo zu reduzieren, oder ob man durch die Chemo die Tumore verkleinert um sie besser operieren zu können.

Eigentlich hatte ich gehofft, um eine Chemotherapie herum zu kommen.
Ich hatte mich darauf vorbereitet einen anderen Weg zu gehen, der sehr viel versprechend ist. Dabei handelt es sich um die sogenannte Synergetik-Therapie. Doch dazu an anderer Stelle später mehr.
Aber dieser Weg braucht Zeit. Also muß ich mir diese Zeit beschaffen.
Wenn ich die Masse an Metastasen nicht irgendwie zügig zurück dränge, komme ich nicht mehr dazu diese Synergetik-Therapie zu beginnen.
Ich sitze also etwas in der Zwickmühle.
Für mich gilt es jetzt einen sinnvollen Weg mit Hilfe schulmedizinischer und alternativer Heilmethoden zu finden.

Wie gesagt, brauche ich jetzt als erstes viele Bilder. Das heißt CT- und MRT-Untersuchungen.
Früher bin ich einfach zu meinem Hausarzt gegangen und habe mir die nötigen Verordnungen ausstellen lassen. Das geht jetzt angeblich nicht mehr. Das darf jetzt nur noch ein Facharzt!
Gaaanz super! Es ist schon schwierig einen zeitnahen Termin für ein CT oder MRT zu bekommen. Die Wartezeiten liegen da üblicherweise bei Wochen.
Wie ich festgestellt habe, wachsen meine Metastasen aber erschreckend schnell.
Der Tumor hinter dem Auge ist in nur vier Wochen von Kirsch- auf Walnussgröße herangewachsen. Wäre die Diagnosestellung etwas schneller gelaufen, hätte der Tumor nicht so viel Schaden anrichten können, und der operative Aufwand wäre kleiner gewesen. Tja, wenn das Wörtchen „wenn“ nicht wäre.
Dann wird halt noch mal ein Arzt dazwischen geschaltet.
Ich bin jetzt in der glücklichen Lage wenigstens ein paar kleine Beziehungen zu haben und die richtigen Leute zu kennen.
Trotzdem kostet das alles Zeit.

Donnerstag, 23. April 2009

Zwischenbericht

Heute war ich mal wieder in Sachen Krankenhaus unterwegs.

Um 10:30 Uhr hatte ich einen Termin in der Sehschule der Uni Essen.

Wie erwartet war die Sehleistung beider Augen 100 %.
Inzwischen bekomme ich das rechte Auge wieder einigermaßen auf. Das klingt erst mal gut, hat aber den Nachteil, daß ich dann Doppelbilder sehe. Mir wurde ja schon angekündigt, daß sich der Augenmuskel Monate zur Erholung Zeit nimmt.
Um meinen Weg zu finden, oder die richtige Kaffeetasse zu erwischen muss ich das Auge eben zu kneifen. Das wirkt aber meinem Trainingsauftrag entgegen. Schließlich soll das Auge wieder ganz auf gehen können.
Entspannend ist das ständige Zukneifen auch nicht gerade. Deshalb habe ich bei meinen Brillen das rechte Glas zu geklebt. Ich renne also mit einer Scheuklappe durch die Gegend.

Von der Augenärztin wurde der Schielwinkel bestimmt, damit ich mir eine passende Prismenfolie herstellen lassen kann. Die soll dann auf das Brillenglas geklebt die Doppelbilder beseitigen.

Am Nachmittag durfte ich mich dann noch in der Ambulanz der Klinik vorstellen, in der mein Auge operiert wurde.
Der behandelnde Arzt, Herr Dr. P. war vom Heilungsfortschritt ganz begeistert und machte gleich ein paar Fotos.
Mein Fall würde mal wieder zeigen, daß es durchaus Sinn macht trotz entsprechender Diagnosestellung Metastasen operativ zu entfernen.
Er weiß aber auch, daß ich mich mehr und mehr zu einer Dauerbaustelle entwickeln kann. Ich sollte darauf achten, mich nicht wegen jeder kleinen Metastase unter das Messer zu legen.
Am besten wäre es, wenn ich den Zeitpunkt für die Operation wähle in welcher der Tumor so groß ist, dass er anfängt Probleme zu machen, aber gleichzeitig noch operabel ist.
Mal schauen, wie ich das hin bekomme.

Am Montag habe ich einen Termin in der Uniklinik in D..
Abgesehen von den bekannten Metastasen im Abdomen und Thorax kann ich inzwischen vier weitere von außen tasten.
Ich werde berichten.

Samstag, 28. Februar 2009

Vorbestimmung oder Zufall?

Die ganze Zeit schrieb ich von meinem Weg als Sohn, der in die Fußstapfen seines Vaters trat. Wie sich dadurch meine berufliche und gesundheitliche Laufbahn entwickelte.
Dabei hat sich parallel dazu ein noch viel wichtigerer Weg gezogen. Hätte es den nicht gegeben, wäre ich hier sicherlich nicht so weit gekommen.

Es ist schon seltsam, wenn man den Weg mal verfolgt.
Sicher könnte ich weiter vorne anfangen, aber ich denke es reicht bei der Ausbildung zum Krankenpfleger einzusteigen.

Wir waren der erste Kurs, der auch im OP eingesetzt wurde. Das fand ich viel besser als die Arbeit auf Station. Es war klar, dass ich nach meiner Ausbildung in den OP gehen wollte.
Im OP lernte ich dann S. kennen. Ihr verpasste ich damals einen Unterschenkelgips. Sie war meine letzte Patientin an dem Tag und so entwickelte sich ein entspanntes Gespräch. Wir waren uns auf Anhieb sympathisch und konnten uns prima unterhalten. Während ihres Krankenhausaufenthaltes unterhielten wir uns noch häufiger. Später wurde es dann seltener. Zum Schluß tauschten wir etwa ein mal im Jahr unsere Neuigkeiten aus. Sie erzählte mir von Familie und Hunden, ich erzählte von meinen letzten Chaosbeziehungen.

Irgendwann meinte S. wohl die Sache in die Hand nehmen zu müssen. Wenn ich alleine nicht die richtige Frau finde, dann braucht der Jung halt Hilfe.


Da gab es die beste Freundin ihrer Tochter. Das ist ein gaaanz liebes Ding, die zufällig gerade Single geworden ist.

S. lud mich mal auf einen Kaffee zu sich nach Hause ein. Und siehe da! „Zufällig“ kam auch diese Christine zu Besuch.

Ja, sie war nett. Wir konnten uns gut unterhalten, entdeckten immer mehr Gemeinsamkeiten.

Wir unternahmen in der Folgezeit unheimlich viel zusammen.
Bei Christine entwickelten sich die Gefühle zu mir etwas schneller, als meine zu ihr. Ok, „etwas“ schneller ist untertrieben.

Erst nach zwei Jahren kapierte ich, was ich für Christine empfand. In ihrem näheren Umfeld begann man sich schon mit der Tatsache abzufinden, dass ich vom anderen Ufer sein müsste.
Ich schreibe von dem Gefühl absichtlich in der Vergangenheit, denn seither hat es immer mehr zugenommen.

Es ist phantastisch! Das ist wohl die Frau, die extra für mich gebacken wurde.
Ich wollte nieeee heiraten. Sie hat es geschafft, dass ich voller Freude mit einem Dauergrinsen zur Trauung schritt.

Aber es kommt noch besser. Ich ertappe mich immer öfter dabei an unseren Nachwuchs zu denken.
Freunde, die mich schon länger kennen, werden spätestens hier stark daran zweifeln, ob ich es bin, der diese Zeilen schreibt.

Ich muss mal ganz klar festhalten, dass ich ohne Christine an meiner Seite sicher nicht so weit und so lange durchgehalten hätte.
Die ganze Situation in der wir zur Zeit stecken, belastet Christine mindestens genauso stark wie mich. Aber wir geben uns gegenseitig den nötigen Halt.
Ich halte es nicht für selbstverständlich, dass meine Frau so stark sein muss. Aber ich bin unheimlich dankbar dafür, dass sie es ist.
Sie ist jederzeit für mich da. Wir können über alles reden. Wobei sie eher mal vermutet, dass ich ihr ein paar Sachen verheimliche um sie zu schonen.
Es ist gut und wichtig sich mit der aktuellen Situation und ihrer möglichen Entwicklung auseinander zu setzen. Das Thema beherrscht einen Großteil unserer Zeit. Aber irgendwann muss auch Zeit für die angenehmen Seiten sein. Daraus schöpfen wir beide immer wieder Kraft.

Als ich damals dazu verdonnert wurde den Nachmittag im Gipsraum zu verbringen, hätte ich niemals gedacht, dass damit die ersten Weichen für die wundervolle Zeit mit Christine gestellt würden.

Montag, 23. Februar 2009

Die Drainagen sind raus!

Juchuh! Die letzte Drainage wurde heute Morgen gezogen. Hat fast gar nicht weh getan.
Jetzt kann ich mich ohne Strippen wieder freier bewegen.

Heute ist der 3. Tag nach OP. Laut Statistik ist das auch der Höhepunkt der Schwellungen.
Ab jetzt soll das Abschwellen einsetzen. Das finde ich gut.

Zur Zeit geht das aber noch als Faschingsmaske durch.

Sonntag, 22. Februar 2009

OP überstanden

Heute ist der 22. Februar 2009. Die OP war vor zwei Tagen.

Um 11 Uhr wurde ich in den OP gefahren. Um 11:30 Uhr schlief ich schon tief und fest.
Um 16 Uhr erwachte ich im Aufwachraum und um 17 Uhr hatte ich schon ein Schädel-CT hinter mir und lag wieder auf Station. Nachdem ich wieder zu mir kam, erschrak ich erst mal, denn ich hatte keinen Druckverband an meinem Kopf. Was war los? Wu
rde die OP vorzeitig abgebrochen?

Bald kam der Operateur zu mir in den Aufwachraum und teilte mir mit, dass der Tumor komplett entfernt werden konnte.
Er ließ sich doch erstaunlich gut präparieren. Der obere Augenmuskel, der für die Aufwärtsbewegung des Augapfels nötig ist, war aber bis zum Anschlag verdrängt und gedehnt worden. Er konnte zwar erhalten werden, doch gilt es jetzt abzuwarten, ob er sich wieder erholt. Das wird so seine Zeit da
uern. Es kann sein, dass er sich nicht bis zu seiner ursprünglichen Länge verkürzt. Das könnte man dann aber operativ korrigieren.
Mal sehen.

Auf jeden Fall erst mal ein gaaanz dickes Dankeschön an alle, die mir die letzten Stunden die Daumen gedrückt und mich in
Gedanken begleitet haben. Es hat geholfen. Ich bin ganz gerührt. Ehrlich!

Die ersten drei Tage nach der Operation soll das Wundgebiet aber erst mal gehörig anschwellen. Das tut es gerade. Ich fühle mich als wäre ich vor eine Wand gelaufen. Schmerzen habe ich aber kaum. Der typische Wundschmerz, der ständig d
a ist. Aber der ist nicht schlimm. Mehr Bammel habe ich vor dem Ziehen der Redon-Drainagen. Ich hatte zwei Stück. Die liegen zwischen Schädelknochen und Kopfhaut und werden von der Stirn über die Schläfen bis hinter das Ohr geführt. Zum Glück werden sie ohne Sog gezogen. Gestern wurde die erste gezogen. War nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte. Aber eine ist ja noch drin.

Wenn ich den erwische, der den LKW gefahren hat!



Donnerstag, 19. Februar 2009

Also doch operieren

Da bin ich nun.
Am Dienstag, den 17.02. erreichte ich gegen 10 Uhr die Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie in E..

Erst mal musste ich durch die Ambulanz. Dort wurden erste „Kennenlerngespräche“ geführt und meine MRT-Bilder von vor 4 Wochen be
trachtet.
Gegen Mittag wurde ich stationär aufgenommen.

Ich liege in einem 2-Bett-Zimmer das irgendwann zu einem 3-Bett-Zimmer umgerüstet wurde. Das dritte Bett steht eher mitten im Raum zwischen den anderen Betten und dem Waschbecken. Zugunsten des 3. Bettes wurde auf eine Dusche im Zimmer verzichtet.
Wenn ich aber um 6 Uhr aufstehe, habe ich die Dusche auf dem Gang für mich alleine.
Aber das sind alles Nebensächlichkeiten.

Am Dienstag passierte dann erst mal gar n
ichts.

Der erste Schock kam am Mittwoch bei der ersten Visite.
Zwei Ärzte standen vor mir. Einer machte gleich einen sy
mpathischen Eindruck und begrüßte mich auch per Handschlag.
Der andere machte einen anderen Eindruck. Er grüßte erst mal sehr verhalten. Baute sich in seinen OP-Klamotten mit übergestreiftem Kapuzenshirt vor mir auf und meinte, dass man das Auge und möglicherweise auch einen Teil des Schädelknochens um die Augenhöhle entfernen müsse um mich zu heilen.

Das hat mich erst mal sehr irritiert. Hatte ich doch gelernt, dass man nur beim ersten Auftreten eines Tumors weit ins Gesunde geht um den Tumor restlos zu entfernen. So, wie man es damals am Oberschenkel gemacht hat.

Wie will mich der Doktor mit dieser radikalen Methode vom Krebs heilen, wenn ich anderswo im Körper noch genügend Metastasen habe?
Toll, wenn mir Leute was erzählen wollen ohne meine Krankengeschichte zu kennen.


Zum Glück fand abends noch die Chefarztvisite statt.
Der Professor kam mit vorsichtig geschätzt 15 Leuten im Schlepptau ins Zimmer.

Er erzählte mir, dass Liposarkome eher selten sind und er bisher auch nur etwa sechs Stück am Kopf gesehen hat. Dabei ist meiner der Erste, den er in der Orbita sieht. Andere Tumore operieren sie da öfter.

Da ich auf dem Auge zu 100 % Sehkraft habe, fände er es unsinnig, dieses Auge vorschnell zu entfernen. Er würde versuchen den Tumor
so weit wie möglich (am besten ganz) raus zu präparieren. Sollte sich bei der Operation herausstellen, dass das Auge zur vollständigen Entfernung ebenfalls entfernt werden müsste, würde er dort abbrechen und eine Bestrahlung des Resttumors empfehlen. Auch wenn das Auge blind werden sollte, so ist es doch besser das Auge zu erhalten, als eine Plastik einsetzen zu müssen.

Ich war erleichtert, dann da dachten wir in die selbe Richtung.

Nachdem ich ihn darauf aufmerksam machte, dass die vorliegenden Bilder ja auch schon vier Wochen alt seien, fragte er erst mal seine Ärzteschaft, wa
rum noch keine aktuellen Bilder gemacht wurden.
Ab da ging alles ganz flott.
Heute Vormittag hatte ich schon gleich einen MRT-Termin.
Wie vermutet, ist der Tumor inzwischen dopp
elt so groß. 2,4 cm mal 3,5 cm! Das ist so groß, wie der Augapfel selber. Beide teilen sich jetzt den Platz in der Augenhöhle.

Ich habe unten mal zwei Bilder dazu. Zur be
sseren Darstellung habe ich sie etwas eingefärbt.

Blau = Augapfel
Rot = Tumor
Grün = Sehnerv
Gelb = Gehirn
Hier ist die Augenhöhle von der Seite zu sehen. Man kann deutlich sehen, wie der Tumor den Sehnerv bedrängt. Schwierig wird das spitz nach hinten gehende Ende des Tumors zu erwischen.

Bei diesem Bild schaut man von unten zum Kopf hoch.
Der Tumor ist ja in der rechten Augenhöhle.


Inzwischen habe ich schon einige Vorgespräche geführt.
Morgen will man mich operieren.

Dazu macht man einen sogenannten Bügelschnitt. Also einen Schnitt von rechten Ohr über den Kopf zum linken Ohr. Die Kopfhaut wird dann abgelöst und nach vorne weg geklappt.
Würde man einfach dort schneiden wo man hinein will, würden wichtige Gesichtsnerven durchtrennt. Danach könnte ich die rechte Gesichtshälfte nicht mehr bewegen und sie würde lasch herum hängen.

Wenn man nach dem Wegklappen die Sicht auf den Schädelknochen hat, wird der Knochen zwischen Auge und Ohr auf gesägt. So schafft man sich einen seitlichen Zugang in die Augenhöhle.
Anders kommt man an den Tumor nicht heran.
Ab da geht es dann mit dem Mikroskop weiter.
Ganz vorsichtig versucht man den Tumor stumpf (also ohne zu schneiden) vom darum liegenden Gewebe zu trennen. Ziel ist es dabei den eh schon in Bedrängnis geraten Sehnerven nicht zu beschädigen.

Wie auch immer die OP aus geht. Der Knochen wird wieder eingesetzt und verschraubt. Dann wird die Kopfhaut wieder über den Schädel gelegt und vernäht.
Die nächsten Tage habe ich einen großen Druckverband um und darf nur passierte Kost zu mir nehmen.

Nachdem die beste Ehefrau von allen davon gehört hat, hat sie sich kurzerhand entschieden zu mir ins Krankenhaus zu reisen. Da freue ich mich drauf.

Noch nie war ich vor einer Operation so aufgeregt. Den Bauch können sie mir ruhig wieder auf schneiden. Aber am Kopf herum sägen und dann noch in unmittelbarer Nähe vom Auge operieren? Ne! Das ist nicht meins.
Lieber würde ich wieder als OP-Pfleger auf der anderen Seite des Tisches stehen. Das habe ich auch dem Operateur gesagt.
Er will sich aber ganz große Mühe geben. Ich habe ihm auch gesagt, dass er sich ganz viel Zeit nehmen kann – ich hätte eh nichts besseres vor.

Auf jeden Fall bekomme ich von ganz vielen Seiten die Daumen gedrückt und es wird ganz doll an mich gedacht. Dafür bin ich echt dankbar!