Donnerstag, 19. Februar 2009

Also doch operieren

Da bin ich nun.
Am Dienstag, den 17.02. erreichte ich gegen 10 Uhr die Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie in E..

Erst mal musste ich durch die Ambulanz. Dort wurden erste „Kennenlerngespräche“ geführt und meine MRT-Bilder von vor 4 Wochen be
trachtet.
Gegen Mittag wurde ich stationär aufgenommen.

Ich liege in einem 2-Bett-Zimmer das irgendwann zu einem 3-Bett-Zimmer umgerüstet wurde. Das dritte Bett steht eher mitten im Raum zwischen den anderen Betten und dem Waschbecken. Zugunsten des 3. Bettes wurde auf eine Dusche im Zimmer verzichtet.
Wenn ich aber um 6 Uhr aufstehe, habe ich die Dusche auf dem Gang für mich alleine.
Aber das sind alles Nebensächlichkeiten.

Am Dienstag passierte dann erst mal gar n
ichts.

Der erste Schock kam am Mittwoch bei der ersten Visite.
Zwei Ärzte standen vor mir. Einer machte gleich einen sy
mpathischen Eindruck und begrüßte mich auch per Handschlag.
Der andere machte einen anderen Eindruck. Er grüßte erst mal sehr verhalten. Baute sich in seinen OP-Klamotten mit übergestreiftem Kapuzenshirt vor mir auf und meinte, dass man das Auge und möglicherweise auch einen Teil des Schädelknochens um die Augenhöhle entfernen müsse um mich zu heilen.

Das hat mich erst mal sehr irritiert. Hatte ich doch gelernt, dass man nur beim ersten Auftreten eines Tumors weit ins Gesunde geht um den Tumor restlos zu entfernen. So, wie man es damals am Oberschenkel gemacht hat.

Wie will mich der Doktor mit dieser radikalen Methode vom Krebs heilen, wenn ich anderswo im Körper noch genügend Metastasen habe?
Toll, wenn mir Leute was erzählen wollen ohne meine Krankengeschichte zu kennen.


Zum Glück fand abends noch die Chefarztvisite statt.
Der Professor kam mit vorsichtig geschätzt 15 Leuten im Schlepptau ins Zimmer.

Er erzählte mir, dass Liposarkome eher selten sind und er bisher auch nur etwa sechs Stück am Kopf gesehen hat. Dabei ist meiner der Erste, den er in der Orbita sieht. Andere Tumore operieren sie da öfter.

Da ich auf dem Auge zu 100 % Sehkraft habe, fände er es unsinnig, dieses Auge vorschnell zu entfernen. Er würde versuchen den Tumor
so weit wie möglich (am besten ganz) raus zu präparieren. Sollte sich bei der Operation herausstellen, dass das Auge zur vollständigen Entfernung ebenfalls entfernt werden müsste, würde er dort abbrechen und eine Bestrahlung des Resttumors empfehlen. Auch wenn das Auge blind werden sollte, so ist es doch besser das Auge zu erhalten, als eine Plastik einsetzen zu müssen.

Ich war erleichtert, dann da dachten wir in die selbe Richtung.

Nachdem ich ihn darauf aufmerksam machte, dass die vorliegenden Bilder ja auch schon vier Wochen alt seien, fragte er erst mal seine Ärzteschaft, wa
rum noch keine aktuellen Bilder gemacht wurden.
Ab da ging alles ganz flott.
Heute Vormittag hatte ich schon gleich einen MRT-Termin.
Wie vermutet, ist der Tumor inzwischen dopp
elt so groß. 2,4 cm mal 3,5 cm! Das ist so groß, wie der Augapfel selber. Beide teilen sich jetzt den Platz in der Augenhöhle.

Ich habe unten mal zwei Bilder dazu. Zur be
sseren Darstellung habe ich sie etwas eingefärbt.

Blau = Augapfel
Rot = Tumor
Grün = Sehnerv
Gelb = Gehirn
Hier ist die Augenhöhle von der Seite zu sehen. Man kann deutlich sehen, wie der Tumor den Sehnerv bedrängt. Schwierig wird das spitz nach hinten gehende Ende des Tumors zu erwischen.

Bei diesem Bild schaut man von unten zum Kopf hoch.
Der Tumor ist ja in der rechten Augenhöhle.


Inzwischen habe ich schon einige Vorgespräche geführt.
Morgen will man mich operieren.

Dazu macht man einen sogenannten Bügelschnitt. Also einen Schnitt von rechten Ohr über den Kopf zum linken Ohr. Die Kopfhaut wird dann abgelöst und nach vorne weg geklappt.
Würde man einfach dort schneiden wo man hinein will, würden wichtige Gesichtsnerven durchtrennt. Danach könnte ich die rechte Gesichtshälfte nicht mehr bewegen und sie würde lasch herum hängen.

Wenn man nach dem Wegklappen die Sicht auf den Schädelknochen hat, wird der Knochen zwischen Auge und Ohr auf gesägt. So schafft man sich einen seitlichen Zugang in die Augenhöhle.
Anders kommt man an den Tumor nicht heran.
Ab da geht es dann mit dem Mikroskop weiter.
Ganz vorsichtig versucht man den Tumor stumpf (also ohne zu schneiden) vom darum liegenden Gewebe zu trennen. Ziel ist es dabei den eh schon in Bedrängnis geraten Sehnerven nicht zu beschädigen.

Wie auch immer die OP aus geht. Der Knochen wird wieder eingesetzt und verschraubt. Dann wird die Kopfhaut wieder über den Schädel gelegt und vernäht.
Die nächsten Tage habe ich einen großen Druckverband um und darf nur passierte Kost zu mir nehmen.

Nachdem die beste Ehefrau von allen davon gehört hat, hat sie sich kurzerhand entschieden zu mir ins Krankenhaus zu reisen. Da freue ich mich drauf.

Noch nie war ich vor einer Operation so aufgeregt. Den Bauch können sie mir ruhig wieder auf schneiden. Aber am Kopf herum sägen und dann noch in unmittelbarer Nähe vom Auge operieren? Ne! Das ist nicht meins.
Lieber würde ich wieder als OP-Pfleger auf der anderen Seite des Tisches stehen. Das habe ich auch dem Operateur gesagt.
Er will sich aber ganz große Mühe geben. Ich habe ihm auch gesagt, dass er sich ganz viel Zeit nehmen kann – ich hätte eh nichts besseres vor.

Auf jeden Fall bekomme ich von ganz vielen Seiten die Daumen gedrückt und es wird ganz doll an mich gedacht. Dafür bin ich echt dankbar!

1 Kommentar:

Pepitas Sticheleien hat gesagt…

Mein lieber Bruder,
wenn du dies liest, dann hast du alles überstanden.
Ich war den ganzen Tag schon in Gedanken bei dir.
Ich hoffe, dass du das bald lesen kannst.
Komm bald wieder heim, mit zwei gesunden Augen und dann koch ich dir was leckeres.
Du hast einen Wunsch frei.
Liebe Grüße und ein dicke Umarmung von deiner Schwester.