Freitag, 14. Mai 2010

Negative Wellen

Wieder mal typisch.

Vorgestern kam ein Stationsarzt zur Visite zu mir. Da bei mir alles nach Plan verläuft, könnte ich am 5. Tag nach OP nach Hause. Also am 17.! Nachdem ich den Arzt darauf aufmerksam gemacht habe, dass ich am 10. operiert wurde und daher der Entlassungstag der 15. wäre, stimmte er zu.
 

Heute kam wieder ein Stationsarzt zur Visite. Der nagelte mich erst mal wieder auf den 17. fest. Wenn ich früher nach Hause wollte, müsste ich mit einem Oberarzt sprechen.

Da wurde ich etwas missgelaunt. Noch ein ganzes Wochenende hier verbringen, ohne dass irgendetwas gemacht wird? Und das mit den Zimmernachbarn?!
 

Der Herr direkt neben mir ist ständig am Rülpsen und Furtzen. Unglaublich! Der entledigt sich seiner Gase mit einer solchen Inbrunst. So was habe ich noch nicht erlebt.

Der Jüngling am Fenster hat eine Muskelentzündung am Becken. Er liegt seit vier Tagen stöhnend, jammernd und ungewaschen im Bett. Jeder Atemzug wird mit einem lautstarken Stöhner begleitet. Die werden lauter, sobald jemand in der Nähe ist. Alle zwei Stunden geht das nachts von vorne los.

Ich werfe dann jedes mal mein Notebook an, stecke mir die Ohrhörer in die Ohren und höre Musik. Anders kann man das Gestöhne nicht übertönen. Dazu immer die leidvolle mit letzter Kraft herausgepresste Stimme. Natürlich darf das Fenster nicht geöffnet sein. Des Jünglings Vater meinte, dass er sich ja nicht noch eine andere Entzündung einfängt.

Mich macht so ein Gejammere aggressiv. Manchmal erwische ich mich bei der Vorstellung, wie ich aus meinem Bett aussteige, auf Zehenspitzen zu seinem Bett schleiche und ihm dermaßen eine verpasse, dass er sofort in einen langen erholsamen Schlaf fällt.
 

Entsprechend war natürlich meine Begeisterung, als ich das mit der Entlassung am 17. erfuhr.

Das muss wohl auch deutlich zu spüren gewesen sein. Ich war gerade dabei einen Sitzstreik im Stationsgang zu beginnen, als jener Arzt von alleine auf die Idee kam seinen Oberarzt einzuschalten.

Der kam direkt zu mir, untersuchte mich, und entließ mich mit sofortiger Wirkung.

Ich wusste gar nicht, dass ich solche Wellen ausstrahlen kann. ;-)

Mittwoch, 12. Mai 2010

verwirrt

Gestern Abend - ich war gerade eingeschlafen - kommt die Nachtschwester rein:

"Guten Abend, ich bin die Nachtschwester und heute Nacht für Sie zuständig. Herr Jürgens, ich müsste bei Ihnen gerade mal den Blutzucker messen!"

"Wieso?"

"Weil der Spätdienst vergessen hat Ihnen das Insulin zu spritzen."

"Aber ich habe doch gar keinen Diabetes!"

"Ach so, oh, entschuldigung."

So leicht Verwirrte gibt es in erschreckend vielen Krankenhäusern.

Dienstag, 11. Mai 2010

OP überstanden

Montag, 10. Mai – Heute ist OP-Tag.

Ich liege mit Netzunterhöschen und Flügelhemd im Bett und warte darauf abgerufen zu werden – es wird bis 14 Uhr dauern.

Doch vorher muss ich noch umziehen. Es sind Privatpatienten im Anmarsch. Denen gehört das Zweibettzimmer. Kurz darauf finde ich mich in einem Dreibettzimmer mit vier Betten wieder.

In der Mitte liegt einer, der nur am Meckern ist. Nichts gefällt ihm. Aber alle seine Tätigkeiten im Zimmer werden von ihm lautstark beschrieben. Keine Socke interessiert das. Dafür ist er nachts nicht zu hören.

Im Gegensatz zu den anderen Beiden. Der eine schnarcht, dass der Boden vibriert. So was habe ich in meinen ganzen Krankenhauszeiten auch noch nicht erlebt.

Der Andere kann nicht ruhig liegen bleiben. Ausgerechnet der hat strenge Bettruhe verordnet bekommen. Ständig ist er am Turnen. Mal liegt sein Kopf oben, mal am Fußende. Von wegen BettRUHE!

Aber ich habe ja die OP übersprungen.

Die ist wohl gut verlaufen. Bald war ich wieder auf Station.

Um meinen Hals trage ich eine Halsmanschette und in beiden Armen habe ich einen Zugang liegen. Und dann ist da natürlich noch eine von meinen geliebten Redon-Drainagen. Die lasse ich mir doch so gerne ziehen.

Ich habe vorerst auch Bettruhe verordnet bekommen. Die ganze Nacht auf dem Rücken zu liegen um den Hals nicht zu verbiegen ist blöd. Aber an viel Schlaf ist bei dem Lärm eh nicht zu denken.

Zwischendurch hört es mal auf zu Schnarchen. Allerdings nur um das Fenster richtig zu schließen und um die Heizung aufzudrehen. Klasse bei vier Leuten.

Pünktlich mit dem Frühstück kommt der Auftrag ins Röntgen zu gehen. Das Mittagessen wartet auf mich, während ich zum MRT bin.

Als ich zurück komme, ist einer aus unserem Zimmer entlassen und durch einen neuen ersetzt worden. Wir bleiben also zu viert. Der Neue ist etwa Anfang zwanzig und nur am jammern. Ihm tut die Hüfte weh. Jede Bewegung wird mit Zischlauten und Pusten untermalt. Grund genug für den Bettnachbarn in das Klagelied mit einzustimmen. „Wie arm der Mensch doch ist“ lautet der Refrain.

Mir geht’s gut. Ich bin alle Nadeln und Schläuche inzwischen los. Das Titan-Implantat sitzt dort wo es hin gehört. Gleich bekomme ich noch von dem Physiotherapeuten erklärt, wie ich mich bewegen darf.

Bald darf ich bestimmt wieder heim. Das Essen hier ist gerade so mittelmäßige Krankenhauskost.

Der lange Weg zur OP

Am 5.05. sollte ich mich eigentlich erst gegen 12:30 Uhr im Klinikum F. zur stationären Aufnahme einfinden. Da meine Blutwerte aber dermaßen im Keller waren, wurde ich am Tage zuvor von der Chemo-Ambulanz gebeten schon um 8 Uhr zur Bluttransfusion zu erscheinen.

Gesagt, getan. Um 8 Uhr war ich da. Gegen 9 Uhr wurde Blut abgenommen. Um 11 Uhr herum bekam ich die Konserven angehängt, die bis 14 Uhr eingelaufen waren.

Danach ging es mir schon besser. Ich konnte wieder zügig gehen ohne nach Luft zu ringen.

Inzwischen war in der neurochirurgischen Ambulanz natürlich kein Arzt mehr, der das Aufnahmegespräch führen konnte. Also durfte ich gleich hoch auf Station.  

Ich kam zu einem netten Herren in ein schnuckeliges Zweibettzimmer.

Dann folgten die üblichen Fragebogen die auszufüllen waren. (Mann, was nervt mich unser neuer Zimmernachbar – aber dazu später mehr.)

Beim Arztgespräch schlug mir der Stationsarzt noch vor, dass sich die „Wundschwester des Hauses“ mal meinen Augentrichter anschauen könnte. Schaden kann es jedenfalls nicht. Ich soll die Wunde laut meiner HNO-Ärztin täglich einmal mit einem in Wasserstoffperoxid getränktem Tupfer austupfen um einer Keimansiedlung entgegenzuwirken.

Die OP war übrigens da noch für den 6.05. geplant.

Als abends nach 22 Uhr noch immer kein Anästhesist zum Aufklärungsgespräch da war, wurde meine OP verschoben. Am Freitag sollte es nun soweit sein.

Am Freitag rief mich auch die Anästhesie zu sich um mich aufzuklären. Das ging sehr zügig. Der Arzt ging nur auf Äußerungen ein, die sich direkt auf die von ihm gestellten Fragen richteten. Immerhin hat er registriert, dass ich mal wegen Lungenembolien im Klinikum war. Das machte ihn hellhörig. Prompt wurden für den gleichen Tag noch ein Röntgen-Thorax und ein EKG angeordnet.

So wurde ich auch am Freitag noch nicht operiert. Ich war eh nur als Ersatz auf dem Plan eingetragen, wie ich erfuhr. Dafür bot man mir an über das Wochenende beurlaubt nach Hause zu fahren, da zu der Zeit eh nichts passiert.

Christine freute sich genau wie ich darüber und stand schon am frühen Nachmittag auf der Matte, um mich mit zu nehmen. Hätte sie nur vorher mal angerufen.

Um 18 Uhr konnten wir uns endlich auf den Heimweg machen.

Das ging aber auch nur, weil die Wundschwester eine Ferndiagnose stellte. Wasserstoffperoxid sei veraltet, heute reicht schlichtes Austupfen mit Kochsalzlösung. Das entlockt mir nur ein Kopfschütteln. Wie kann die Frau das behaupten, ohne je einen Blick darauf geworfen zu haben. Oder mal eine Nase davon genommen zu haben. Wenn der Wundbelag nämlich feucht ist, dann riecht er etwas unangenehm, was durchaus für eine Keimansiedlung spricht.

Deshalb habe ich auch angeregt, ob man vielleicht mal einen Abstrich davon nehmen sollte um genauer festzustellen, um welche Keime es sich handelt. Gerade wegen der bevorstehenden OP, die nur 15 cm davon entfernt stattfindet.

Der Arzt, den wir schon den ganzen Nachmittag zur Visite erwarteten, stellte ebenfalls per Ferndiagnose fest, das dies nicht nötig sein.